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Natur mit Treibhausgas überfordertCO2-Ausstoß steigt rasant

Internationale Forscher warnen: Trotz aller Klimaschutz-Versprechen erreichen die Treibhausgas-Emissionen Rekordniveau. China überholt die USA mit Umweltsünden.

Zumindest in Deutschland sank der Kohlendioxidausstoß letztes Jahr um drei Prozent. Bild: dpa

FREIBURG taz Der Kohlendioxidgehalt in der Atmosphäre steigt, und das immer schneller. Im Jahr 2007 lag er bereits um 37 Prozent über dem Wert des Bezugsjahres 1750, vor dem Beginn der industriellen Revolution. Das belegt die Studie "Carbon Budget 2007", die vom Global Carbon Projects (GCP) verfasst wurde, einer internationalen Wissenschaftlervereinigung.

Nach den Daten, die am gestrigen Freitag in Washington und Paris vorgestellt wurden, stieg der CO2-Anteil in der Atmosphäre im vergangenen Jahr um 2,2 Teile pro Million Teile (ppm) auf 383 ppm. Im Vorjahr hatte der Anstieg noch 1,8 ppm betragen. Die derzeitige Konzentration sei "die höchste in den vergangenen 650.000 Jahren, wahrscheinlich sogar in den vergangenen 20 Millionen Jahren", heißt es in dem Bericht. "Es ist beängstigend", sagte Corinne Le Quéré, Professorin für Umweltwissenschaften an der Universität von East Anglia, "die Dinge geschehen sehr, sehr schnell."

Seit dem Jahr 2000 stiegen die CO2-Emissionen sogar viermal schneller als im Jahrzehnt zuvor, errechneten die Wissenschaftler - trotz aller Bemühungen, sie im Rahmen des Kioto-Protokolls zu mindern. Der weltweite Ausstoß lag im Jahr 2007 um drei Prozent über dem Vorjahrswert. Projektleiter Pep Canadell von der australischen Commonwealth Scientific and Industrial Research Organisation sprach von einer "beispiellosen Entwicklung" .

Besonders dramatisch: Wälder, Meere oder Böden, die das Treibhausgas bisher teilweise aufnehmen und damit die Atmosphäre entlasten konnten, fallen zunehmend als CO2-Senken aus - sie sind schlicht überfordert mit den Emissionsmengen. In den Jahren 2000 bis 2007 konnten sie noch 54 Prozent des ausgestoßenen CO2 aufnehmen.

Erstmals emittierte China dem Bericht zufolge mehr Kohlendioxid als die USA und nimmt damit nun die weltweite Spitzenposition ein. Im Jahr 2007 stieß das Land 1,8 Milliarden Tonnen Kohlendioxid aus, die USA kamen auf 1,59 Milliarden Tonnen. Gleichwohl liegt der Pro-Kopf-Ausstoß in China mit 2,65 Tonnen Kohlendioxid pro Einwohner noch deutlich niedriger als in den USA mit 20 Tonnen; in Deutschland sind es derzeit 10 Tonnen.

Russland lag im Jahr 2007 auf Platz drei der Klimasündertabelle, dicht gefolgt von Indien, das in Kürze vermutlich Russland überholt. Entwicklungsländer sind bereits für 53 Prozent des weltweiten CO2-Ausstoßes verantwortlich. Deutschlands Anteil an den weltweiten CO2-Emissionen ist derzeit 3,5 Prozent.

Die Entwicklung im vergangenen Jahr war international recht unterschiedlich: In den USA stieg der Ausstoß um zwei Prozent, während er in Dänemark um acht Prozent zurückging. In Deutschland und Großbritannien sank er um drei Prozent, in Frankreich und Australien um zwei Prozent.

In der ökonomischen Theorie gilt der Emissionshandel als das effizienteste Instrument, um den Klimaschutz voranzubringen. Doch in der Praxis hat er bis heute Probleme: Er wurde bisher nur in der EU etabliert.

BERNWARD JANZING

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10 Kommentare

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  • BW
    bernhard wagner

    Und nicht zu vergessen: Strömungsturbinen am Meeresgrund ... sind eine bislang fast ungenutze Chance, riesige Mengen Strom zu gewinnen.

  • E
    emil

    neben tempolimit von maximal 90 km/h und strengen kontrollen, ab 1. jan. 2009, dem ausbau "öffentlicher" verkehrsmittel, der verlagerung des güterverkehrs auf die bahn, einer sehr hohen steuer auf flugbenzin (auch luftfracht), wäre eine sanierung aller gebäude in richtung nullenergiehaus, mit wärmepumpen etc., sehr effektiv, vgl. aktuell dazu: http://www.das-energieportal.de/startseite/nachrichtendetails/datum/2008/09/29/eintrag/ziel-solaren-bauens-ist-die-nullenergiebilanz-von-gebaeuden/

     

    und allein der globale schiffsverkehr emittiert heute mehr klimaschädliche substanzen als afrika!

    daher wäre dies auch durch abgaben zu belasten, die zugleich direkt in klimwa-anpassungsmaßnahmen für die am härtesten betroffenen fließen sollten, z.b. die aufforstung z.b. von haiti (als ein großes wirbelsturmopfer*) mit landwirtschaftlich nutzbaren mischkulturen und dergleichen in vielen ländern.

     

    * [schon durch geringe erhöhung der meeresoberflächen- temperatur werden tropische stürme häufiger und heftiger]

  • BW
    bernhard wagner

    @ Anne: Ich bin ziemlich Deiner Meinung.

     

    Darüber hinaus finde ich, sollten hochindustrialisierte u. dicht besiedelte Regionen der Erde möglichst weitgehend ihren Verkehr auf "öffentlichen" Vekehr umstellen, dessen Verkehrsmittel (v.a. Straßen- u. Schienenfahrzeuge, aber auch Schiffe als motorisierte-Segelschiffe) mit EE fahren, z. B. Elektrobusse deren Strom aus Solar- Windenergie etc. kommt. Falls motorisierter "Individualvekehr", dann möglichst mit Fahrzeugen wie TWIKE etc.

     

    @ Inken: Das stimmt, aber um einen rassistischen Missbrauch des Arguments zu vermeiden, sollte zugleich daran erinnert werden, dass der allermeisten Müll u. die allermeiste Emissionen "pro Kopf" bis heute in Europa, Nordamerika, Australien, Japan, Saudi-Arabien etc. kommen,

    also d i e s e Regionen bis heute die ökol. Hauptbelastung darstellen - wobei das Müll-problem hier sogar ein größeres ist, als das Energieproblem.

     

    Langfristig sollte sowohl als Wert an sich, als auch wg. des Problems des Bev.wachstums, durch Bildung und Stärkung der Frauenrechte, Bewusststeinsänderung (auch der Männer!) und eine freiwillige 1-Kind-Familie (integriert in Krabbelgruppen, Kitas, offene Familienmodelle etc.) als Durchschnittsnormalität angestrebt werden, weltweit!

  • K
    Karl

    @ Hajü

     

     

    Ein Bericht der Fakten und Hypothesen differenziert und eine kritische Würdigung erkennen läßt wäre tatsächlich nicht schlecht.

     

    "Letztere wird und kann immer nur Ergebnisse wiedergeben, nicht Methoden"

     

    Was sind denn bitte die sogenannten "Ergebnisse"? ohne Wissen um deren Zustandekommen bleibt nicht viel übrig.

     

    "oder nicht ins Gewicht fallende Differenzierungen" Den gemessenen Beleg was wie ins Gewicht fällt vermisse ich schmerzlich. Ein realistisches Urteil wird sonst schwierig oder bleit eine qualifizierte Schätzung mit größerer Fehlerbreite.

     

    "Dass der CO2-Anstieg der letzten 150 Jahre zum wirklich wesentlichen Teil durch den Menschen verursacht ist, daran zweifelt doch keiner mehr - außer Dir anscheinend"

     

    Ich bezweifele garnichts, sondern verlange lediglich belastbare Messdaten, oder ist das schon Ketzerei?

     

     

    "Du tätest besser daran Deine Veranlagung zur Nat.-wiss. Exaktheit dafür zu verwenden, welche Veränderungen in Produktion, Distribution und Konsumption den größten Effekt haben, um die CO2-Emissionen auf ein weitgehend natürliches(geogenes) Maß zu senken."

     

    Den Rat will ich gerne beherzigen sobald die geforderten Daten vorliegen und darüber Auskunft geben ob sich die Bemühung um Einsparungen als sinnvoll erweist bzw. nicht sinnvoll ist, weil sie in der geogenen Schwankungsbreite untergeht. Kennst Du, oder sonstwer, das geogene Maß hinreichend genau? Bisher habe ich dazu nur sehr großzügige Angaben gefunden; letztere würden in ihrer Schwammigkeit nahelegen, dass winzigste Einsparmöglichkeiten dann garnicht nachweisbar wären, unbenommen der möglichen Auswirkungen.

     

    Ich will bloß Fakten und kein Geseiere mit Adjektiven. Dann kann ich auch entscheiden was wie zu machen ist.

     

    Glück auf.

  • H
    Hajü

    @ Karl: Möchtest Du eine wissenschaftliche Studie oder eine journalistisch aufbereitete Berichterstattung darüber? Letztere wird und kann immer nur Ergebnisse wiedergeben, nicht Methoden oder nicht ins Gewicht fallende Differenzierungen. Dass der CO2-Anstieg der letzten 150 Jahre zum wirklich wesentlichen Teil durch den Menschen verursacht ist, daran zweifelt doch keiner mehr - außer Dir anscheinend. Du tätest besser daran Deine Veranlagung zur Nat.-wiss. Exaktheit dafür zu verwenden, welche Veränderungen in Produktion, Distribution und Konsumption den größten Effekt haben, um die CO2-Emissionen auf ein weitgehend natürliches(geogenes) Maß zu senken.

  • K
    Karl

    Donnerwetter!

     

    "...CO2-Ausstoß steigt rasant..." Beeondruckende Behauptungen mit Exaktheit suggeierenden Zahlenhäufchen "untermauert".

     

    Ohne die im einzelnen aufgelistenten Zahlen kommentieren zu wollen verweise ich auf einige grundsätzliche Fragen deren Klärung auch diese sogen. Untersuchung schuldig bleibt.

    1. Wir groß ist der Messfehler bei der Ermittlung des Konzentrationsanstiege?

    2. Wie groß waren im letzten Jahren die geogenen und anthropogenen Anteile der CO2-Freisetzung?

    3.Mit welcher Fehlerbreite können die geogenen und anthropogenen CO2-Anteile g e m e s s e n werden? Immerhin sollten auch rein rechnerische Lösungsansätze eine seriöse methodenbedingte Fehlerbreite angeben können. Wer darauf verzichtet ist wissenschaftlich, egal zu welchem Theme, einfach unseriös.

     

    Wenn der gemessene(?) Anstieg anthropogene Ursachen haben soll, so muss ja der geogene Freisetzungswert so exakt bekannt sein, dass ein Messfehler ausreichend klein gehalten werden kann. Wer weist denn dazu, methodisch hinreichend genau, eben diesen geogenen Anteil nach. Sage niemand der sei konstant, ohne durch Messungen, belegen zu können wie sich die Emissionsraten tatsächlich verhalten.

    Es ist klar, langweilig und muss scheinbar ad infinitum wiederholt werden:

    Die Produktion von "Werten" an sich ist keine naturwissenschaftliche Tätigkeit, mithin sind auch so keine naturwissenschaftlich begründbaren Aussagen möglich.

    Methode, Fehlergrenzen und Diskussion sind unabdingbar vollständig aufzuführen, sonst ist eine sachliche Würdigung nicht sinnvoll. Politisches Instrumentalisieren von Pseudoerkenntnissen dagegen schon.

     

    Glück auf!

     

    Karl

  • I
    Inken

    Solange die Überbevölkerung nicht gebremst wird, solange wird es auch so weitergehen.

     

    Wenn immer mehr Menschen Nahrung, Lebensraum, Energie usw. haben wollen, dann ist kein Platz mehr für Wälder, die in Folge dessen gerodet werden und es werden natürlich immer mehr fossile Brennstoffe verbrannt...

  • A
    Anne

    Noch eine dritte Bemerkung:

     

    Wäre der zur Zeit von Jimmy Carter begonnene Ausbau der Erneuerbaren Energien nicht von Reagan etc. gestoppt statt forciert worden, würden heute im Jahre 2008 die USA (und auch sicher Kanada u.a.) ihren gesamten Bedarf elektrischer Energie aus Sonne Wind und ein paar anderen Quellen decken, sogar einen Großteil des gesamten Energiebedarfs (also auch im Bereich Verkehr).

     

    Und wäre China eine Republik, die zum Wohle des Volkes regiert würde, wäre es dort in dieser Frage ähnlich (ein Bruchteil der Wüstenfläche Chinas würde dafür z. B. schon ausreichen ...).

     

    Dass es hier wie dort auch Fortschritte gibt, sei nicht geleugnet, z. B. Chinas Grüne Mauer gegen Wüstenausbreitung ist die bisher größte Aufforstung der Menschheitsgeschichte http://de.wikipedia.org/wiki/Chinas_Gr%C3%BCne_Mauer

    und findet hoffentlich Nachahmung, z. B. Afrikas Grüne Mauer im Sahel u.a.

  • A
    Anne

    Der Vergleich China-USA ist schief und bemerkenswert häufig, sogar Organisationen wie German Watch fabrizieren solche Unsinnigkeiten.

     

    Im Durchschnitt pro-Kopf berechnet stoßen die USA immer noch viel mehr aus, als China.

     

    Was in China wirklich heute viel schlimmer ist, ist z.B. die Vergiftung der Flüsse, die in den USA dank einer starken ökol. kritischen Öffentlichkeit seit der Carter Ära gebremst und z.T. wieder rückgängig gemacht wurde - ähnlich wie in Europa (v.a. im Westen).

     

    Bei der Gelegenheit ist auch daran zu erinnern, dass Kernkraftwerke durch ihre Kühlsysteme die Flüsse mit ihrem Abwasser stark erwärmen und allein deshalb z. B. nicht "klimaneutral" sind.

  • A
    Anne

    Beispielsweise ein sofortiges Tempolimit von maximal 110 km/h auf allen europäischen Autobahnen und 90 km/h auf Bundesstraßen etc. abzulehnen, ist angesichts der bekannten ökologischen Zusammenhänge, ein ethisches/moralisches Verbrechen - gemessen an Maßstäben der Humanität wie sie z. B. dem deutschen Grundgesetz oder den meisten Verfassungen ungefähr zugrunde liegen.

     

    Wer die oben erwähnten Zusammenhänge immer noch ignoriert, ist weniger verbrecherisch, dafür aber umso mehr politisch unmündig.