Nato-Bomber über Tripolis: Feuer im Innenministerium
Die Nato hat erneut mehrere Luftangriffe auf Tripolis geflogen und Regierungsgebäude zerstört. In Libyen gefangen gehaltene Reporter müssen mit Geldstrafen rechnen.
TRIPOLIS dapd | Bei Nato-Luftangriffen auf die libysche Hauptstadt sind am frühen Dienstagmorgen zwei Regierungsgebäude getroffen worden. In ihnen brachen Feuer aus. Bei einem Gebäude handelte es sich um das Innenministerium. Ein Sprecher der libyschen Regierung warf der NATO vor, das Ministerium sei angegriffen worden, weil dort Akten zu Korruptionsermittlungen über einige der führenden Mitglieder des Übergangsrats in Bengasi gelagert worden seien.
In Begleitung von Regierungsvertretern wurden Journalisten zu zwei brennenden Gebäuden geführt. Aus den oberen Stockwerken des Innenministeriums schlugen Flammen. Vor dem Tor hatten sich bewaffnete junge Männer versammelt. Einige von ihnen trugen lebensgroße Porträts des libyschen Machthabers Muammar al Gaddafi mit sich.
Aus einem weiteren Gebäude in der Nähe des Ministeriums quoll schwarzer Rauch. Nach Angaben libyscher Behördenvertreter beherbergte das Gebäude auch Büros einer Behörde für Korruptionsermittlungen. Soldaten sammelten zwischen den Trümmern halb verbrannte Papiere ein, während Feuerwehrleute gegen die Flammen kämpften.
Nach den Luftangriffen war Gewehrfeuer bis zu dem Hotel zu hören, in dem in Tripolis Journalisten einquartiert sind. Die Polizei sperrte eine nahegelegene Straße ab. Der Grund für die Schüsse blieb allerdings unklar.
Nach Angaben des libyschen Staatsfernsehens griff die Nato tauch Ziele in Tadschura, einem Viertel von Tripolis, und Sawija, rund 50 Kilometer westlich der Hauptstadt an. Dabei seien Menschen verletzt und getötet worden, hieß es in dem Bericht, ohne dass Einzelheiten genannt wurden.
Am Montagabend war Tripolis bereits von drei weiteren Explosionen erschüttert worden, die vermutlich ebenfalls auf NATO-Luftangriffe zurückgingen. Welchem Ziel die Angriffe galten, war zunächst unklar. Regierungssprecher Mussa Ibrahim sagte, er glaube, die Angriffe hätten einer von Gaddafis Residenzen gegolten.
Journalisten fest genommen
Bereits am Montagabend hatte Regierungssprecher Ibrahim erklärt, dass vier in Libyen festgehaltene Journalisten vor Gericht gestellt und wahrscheinlich freigelassen werden. Unter den vier Reportern seien mindestens zwei Amerikaner und ein Spanier. Sie sollten noch am Dienstag einem Gericht vorgeführt werden.
Ibrahim erklärte, er rechne nicht mit einer Gefängnisstrafe gegen die vier. Wahrscheinlich würden sie nur zu einer Geldstrafe verurteilt und kämen dann frei. Die vier Journalisten werden seit dem 5. April festgehalten.
Der Regierungssprecher sagte, Grund für die Verzögerung der Bearbeitung des Falls sei ein Nato-Luftangriff auf Büros des Justizministeriums und das allgemeine Chaos des Krieges. Ein südafrikanischer Journalist, der vermutlich ebenfalls von den libyschen Sicherheitskräften gefangen genommen wurde, sei nicht gefunden worden.
NATO auf langen Einsatz vorbereitet
Die Nato ist dem britischen Verteidigungsminister Liam Fox zufolge auf einen längeren Libyen-Einsatz vorbereitet. Es gebe Pläne für eine ganze Bandbreite von möglichen Szenarien, darunter auch eine monatelange Fortsetzung der Nato-Luftangriffe. Gleichwohl hoffe er, dass sich der libysche Machthaber Gaddafi dem internationalen Druck beuge und abtrete, sagte Fox vor Abgeordneten.
Fox bestätigte, dass die Nato diskutiere, welche weiteren Einrichtungen als Ziele von der verabschiedeten UN-Resolution zum Libyen-Einsatz gedeckt sind. Die internationale Gemeinschaft "wird nicht aufhören, bis die Aufgabe ordentlich erledigt ist", sagte der britische Verteidigungsminister.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Hoffnung und Klimakrise
Was wir meinen, wenn wir Hoffnung sagen
Rechte Gewalt in Görlitz
Mutmaßliche Neonazis greifen linke Aktivist*innen an
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Slowakischer Regierungschef bei Putin im Kreml
Künstler Mike Spike Froidl über Punk
„Das Ziellose, das ist doch Punk“
Abschiebung erstmal verhindert
Pflegeheim muss doch nicht schließen
US-Interessen in Grönland
Trump mal wieder auf Einkaufstour