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Nationalparkleiter über Schutzgebiet„Ölsuche im Park ist illegal“

Der Virunga-Nationalpark im Kongo bleibt trotz eines Moratoriums von der Ölförderung bedroht, sagt Parkleiter Emmanuel de Merode.

Geschützt und bedroht zugleich: die Virunga-Berge im Osten der Demokratischen Republik Kongo. Bild: ap

taz: Herr de Merode, vor fünf Monaten sind Sie bei einem Anschlag fast ums Leben gekommen. Wie geht es Ihnen heute?

Emmanuel de Merode: Sehr gut. Ich hatte Glück. Ich bekam eine Kugel in den Bauch und in den Magen, aber die getroffenen Organe heilten schnell. Ich fühle mich wiederhergestellt.

Weiß man inzwischen, wer auf Sie geschossen hat und wer das anordnete?

Es laufen Ermittlungen. Selbst wenn ich es wüsste, und ich weiß es nicht, könnte ich nichts sagen.

Heimat der Berggorillas

Der Virunga-Nationalpark ist der älteste Nationalpark Afrikas und erstreckt sich über 7.800 Quadratkilometer an Kongos östlichen Grenzen zu Ruanda und Uganda. Er enthält aktive Vulkane und seltene Tierarten und ist Unesco-Weltnaturerbe.

Vermutete Ölreserven bewogen Kongos Regierung 2002 dazu, entlang der Ostgrenze des Landes fünf Ölblocks auszuweisen, die insgesamt 85 Prozent der Virunga-Parkfläche einschließen. Als einzige Ölfirma hat bisher Soco aus Großbritannien seismische Studien im Nationalpark durchgeführt, vor allem unter dem Eduardsee. Der von Soco gehaltene Ölblock V grenzt direkt an die Lebensgebiete der Berggorillas. Im Juni versprach Soco nach internationalem Druck, seine Aktivitäten einzustellen.

Der Film „Virunga“ (www.virungamovie.com) wirbt für den Park und wurde am 3. Oktober in Brüssel in Anwesenheit von Merode im Europaparlament gezeigt, als Start einer europaweiten Kampagne zur Rettung des Parks. Die taz sprach mit Merode anlässlich dieses Ereignisses.

Es wurde ein Zusammenhang zwischen dem Attentat auf Sie und der von Ihnen bei Kongos Behörden eingereichten Beschwerde über die Aktivitäten der Ölfirma Soco im von Ihnen geleiteten Virunga-Nationalpark hergestellt.

Wir waren tatsächlich 2010 gebeten worden, die Aktivitäten von Soco zu untersuchen, und am Tag des Attentats legten wir unseren Bericht vor. Darüber hinaus kann ich nichts sagen, alles andere wäre Spekulation.

Seitdem hat Soco sich in einer Vereinbarung mit dem WWF (World Wildlife Fund) verpflichtet, die Ölsuche im Nationalpark einzustellen. Sind Sie zufrieden?

Ich wäre zufrieden, wenn diese Vereinbarung mit der Wirklichkeit übereinstimmte. Leider ist das nicht der Fall. Soco betreibt ein Ölexplorationsprogramm, das illegal ist in dem Maße, wie es im Virunga-Nationalpark stattfindet, und dieses Programm wird weiter durchgeführt. Die seismischen Studien wurden zu Ende geführt, jetzt werden sie ausgewertet. All das war bereits beschlossen, es hat sich nichts geändert. Daher ist es voreilig, den Sieg zu erklären. Es rechtfertigt auf keinen Fall, die Wachsamkeit zu verringern.

Sie sagen, das Programm ist illegal. Soco sagt, es habe die Ölkonzession seit 2007, den Ölvertrag mit Kongos Regierung seit 2010 und ein Präsidialdekret.

Soco kann sagen, was es will. Es kommt auf die Gesetzestexte an. Die sind klar. Ölexploration in einem Weltnaturerbe ist verboten, das ist in internationalen Konventionen geregelt und das hat im Kongo Verfassungsrang, denn laut Artikel 215 der Verfassung hat jedes vom Parlament ratifizierte internationale Abkommen Vorrang vor der nationalen Gesetzgebung. Der Virunga-Park ist seit 1974 Weltnaturerbe. Dies verleiht ihm den höchsten Schutz, und es ist daher unter kongolesischem Gesetz illegal, in ihm nach Öl zu bohren.

Jenseits der Rechtsfragen, warum ist Ölsuche schlecht? Kongos Ölministerium sagt, man kann horizontale Bohrungen vornehmen, die keine Umweltschäden verursachen. Soco sagt, es werde nie den Lebensraum der Gorillas anrühren.

Ich kann das nicht als Experte beantworten. Ich kann nur sagen, dass der einzige Schutz für ein Schutzgebiet das Gesetz ist. Wenn man das Gesetz bricht, endet der gesamte Schutz. Es gibt für einen Nationalpark keine größere Bedrohung. Wir arbeiten in einem Rechtsstaat, der sicherlich durch Krieg geschwächt ist, aber in dem dennoch Beamte und Institutionen sich große Mühe geben, Respekt vor dem Gesetz einzufordern. Wenn eine ausländische Firma das nicht tut, wird dies viel schwieriger. Darum geht es. Klar, man kann Ölsuche ohne Schäden machen, aber wenn dies zu Lasten des Gesetzes gibt, ist die Zukunft des Parks und die Wiederherstellung eines Rechtsstaats im Kongo als Grundlage einer Befriedung.

Welche wirtschaftlichen Alternativen gibt es zum Öl?

Wir haben geprüft, welche Ressourcen im Park nachhaltig bewirtschaftet werden können und der Bevölkerung den größtmöglichen Nutzen bringen: Tourismus und Energie. Denn es ist ein sehr gebirgiger, regenreicher Park mit Wasserläufen, die zum Teil von den Wäldern konstant gehalten werden, und aus deren Energie Strom gewonnen werden kann. Mit diesem Strom kann eine lokale Agrarindustrie entstehen, die sehr viele Arbeitsplätze schaffen würde. Nachhaltige Landwirtschaft sowie die Fischerei im Edward-See, von der über 40.000 Menschen leben, sind eine Alternative zum Öl. Sie können über 100.000 Arbeitsplätze schaffen.

Sie bauen jetzt schon ein Wasserkraftwerk im Park. Sind Sie jetzt selbst Unternehmer und machen der staatlichen Elektrizitätsgesellschaft Konkurrenz?

Wir müssen nicht in Konkurrenz eintreten. Man kann zusammenarbeiten. Aber wir sind natürlich Unternehmer und wir müssen es sein, um die Zukunft des Parks zu sichern.

Sollten Sie und Kongos Naturschutzbehörde ICCN sich nicht auf den Naturschutz beschränken?

Dann wäre der Park zum Scheitern verurteilt. Es leben über vier Millionen Menschen weniger als einen Tagesmarsch vom Parkrand entfernt. Die demografische Entwicklung rund um den Park ist rasant. Es gibt schon jetzt illegale Fischerei und Zerstörung der Wälder zur Gewinnung von Holzkohle. Unsere Parkwächter sind mit enormen Problemen konfrontiert. Wenn man nicht auf die Bedürfnisse der Menschen eingeht, werden sie selber den Park in Ackerland verwandeln. Das ist langfristig ihr gutes Recht. Der Park wird zwangsläufig zerstört werden, außer wenn sein Fortbestand den Bevölkerungen mehr bringt als seine Zerstörung.

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