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Nahverkehr in SüdafrikaDurch Johannesburg rollen jetzt Busse

Vor der Fußballweltmeisterschaft 2010 wird der öffentliche Nachverkehr modernisiert - trotz Streiks der Taxifahrer.

Polizisten sorgen für Sicherheit in den neuen Bussen. Bild: ap

JOHANNESBURG taz | Ungeduldig drängeln Fahrgäste an den Rampen der neuen Haltestellen in der Johannesburger Innenstadt. Ein Platz in dem blau-weiß-roten Bus ist begehrt. "Rea Vaya - we are moving" zieht sich quer über die Seite der frisch lackierten Fahrzeuge. Jeder will mit. Endlich geht es: mit dem Bus zur Arbeit, mit dem Bus nach Hause.

Dafür haben am Montag unzählige Südafrikaner erstmals die Minitaxis verschmäht, die den öffentlichen Verkehr nicht nur in der Millionenmetropole, sondern im ganzen Land seit Jahrzehnten vernetzen. Mit Führerschein oder ohne, überfüllt, mit abgenutzten Bremsen und gefährlicher Eile mit Druck auf die Hupe regierten Taxifahrer das Fortkommen in einer Stadt, in der die Mehrheit der Menschen auf sie angewiesen ist. Jetzt rollen die ersten vierzig Busse, während die Arbeiten auf den noch nicht fertiggestellten Strecken weitergehen.

Ein roter Teppich bedeckte die sandige Baustelle an der Westgate Station in Downtown Johannesburg, als am Sonntag dort das neue Bussystem mit einer kostenlosen Jungfernfahrt ins Leben gerufen wurde. Kellner im Frack servierten Frühstück im Festzelt, Trommler feierten "Rea Vaya" mit heißen Rhythmen. Mit Beginn der Arbeitswoche begann trotz des Einsatzes der neuen Busse das Chaos. Verärgerte Taxifahrer ließen die Busstrecken links liegen, und gestrandete Fahrgäste, die im Bus keinen Platz fanden, kamen zu spät zur Arbeit.

In dieser ersten Phase des Rea Vaya verbinden die Busse das riesige Township Soweto mit der Johannesburger Innenstadt, um tausende von Pendlern aus der vor den Toren der Stadt ausgelagerten Schwarzensiedlung zur Arbeit zu bringen. Bisher fuhr kein Bus nach Soweto oder in andere Townships. Vertreter der Taxi-Industrie hatten mehrfach gestreikt und wollten die Regierung zur Aufgabe des neuen Transportsystems zwingen. Vergangene Woche scheiterte allerdings ihr Antrag vor Gericht. Weitere Streiks sind angekündigt. "Wir stehen ständig in Gesprächen", sagt Lisa Seftel, Verkehrsdirektorin der Stadt Johannesburg. Doch die meisten Taxifahrer fürchten um ihre Jobs. Aber die Bevölkerung ist begeistert, dass die Busse nun rollen, und zwar planmäßig vor der Weltmeisterschaft 2010. Dann sollen sie auch Touristen und Fußballfans transportieren. Per Rea Vaya sollen in der zweiten Phase 2010 die nördlichen Wohngebiete und der Flughafen erreichbar sein. Bis 2013 werden laut Seftel alle 143 bestellten Busse im Einsatz sein.

Ob auch das 25,4 Milliarden Rand teure Projekt "Gautrain" zur Weltmeisterschaft fertig wird, hängt noch in der Schwebe. Seit Monaten stocken Bauarbeiten für den modernen Schnellzug in den nördlichen Stadtteilen. Jetzt gibt es Streit um das Datum, wann der Zug die überfüllte Autobahn nach Pretoria und zum Flughafen entlasten soll. Die erste Phase, den Flughafen mit dem Einkaufs- und Hotelviertel Sandton zu verbinden, sei technisch möglich, müsse aber nicht laut Vertrag vor Juni 2010 fertig sein, sagt das Bombela Consortium, verantwortlich für das Projekt. Die Regierung hatte aber die Notwendigkeit betont, noch vor Anpfiff der WM am 11. Juni 2010 den Gautrain in Betrieb nehmen zu können. "Wir werden ihnen keinen großen Extrabetrag zahlen, um rechtzeitig fertig zu werden", sagt Jack van der Merwe, Geschäftsführer der Gautrain-Betriebsagentur. "Dieser Zug muss die nächsten hundert Jahre laufen, wir können für die vierwöchige Sportveranstaltung nicht noch Riesensummen zahlen. Dann werden 125 Busse die Touristen zu ihren Hotels fahren."

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