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Nahost-Konflikt in BerlinBesuch in Synagoge

Nach dem Terrorangriff der Hamas auf Israel sucht Bundespräsident Steinmeier in Berlin das Gespräch mit Juden. In Neukölln gab es Polizeieinsatz mit Festnahmen.

Der solidarische Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier in der Synagoge Fraenkelufer Foto: picture alliance/dpa/Bernd von Jutrczenka

Berlin dpa | Aus Solidarität mit Israel nach dem Terrorangriff der palästinensischen Hamas und als Reaktion auf Drohungen gegen jüdische Gemeinden hat Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier eine Synagoge in Kreuzberg besucht. „Der heutige Tag ist ein Tag der Angst für Juden weltweit und hier in Deutschland“, sagte er nach einem Gespräch mit Mitgliedern der jüdischen Gemeinde in der Synagoge Fraenkelufer in Kreuzberg. „Deshalb ist mein Platz heute unter Ihnen. In dieser Stunde stehe ich stellvertretend für unsere ganze Nation an der Seite unserer bedrohten Landsleute, an der Seite aller Jüdinnen und Juden in Deutschland.“

Anlässlich des jüdischen Ruhetages Schabbat versicherte Bischof Christian Stäblein der jüdischen Gemeinschaft die Solidarität der Evangelischen Kirche Berlin- Brandenburg-schlesische Oberlausitz (EKBO). Gemeinsam mit Pröpstin Christina-Maria Bammel wollte er am Abend Synagogengottesdienste besuchen, wie es weiter hieß. In Berlin gibt es acht Synagogen.

Die Polizei hat wegen Gewaltaufrufen der islamistischen Palästinenser-Organisation Hamas den Schutz für israelische und jüdische Einrichtungen in der Hauptstadt verstärkt. Demonstrationen oder Ansammlungen palästinensischer Gruppen sollen wegen möglicher antisemitischer Inhalte entweder sehr genau beobachtet oder verboten werden.

Nach dem Terrorangriff auf Israel und den darauffolgenden Bombardierungen der israelischen Armee im Gazastreifen rief die Hamas Muslime auf der ganzen Welt zu Protesten auf. „Wir gehen von einer erhöhten Gefährdungslage aus und handeln auch entsprechend“, sagte ein Sprecher des Bundesinnenministeriums in Berlin.

Erwartet werde auch eine steigende Teilnehmerzahl bei pro-palästinensischen Veranstaltungen. Es herrsche Versammlungsfreiheit, diese habe jedoch Grenzen, etwa wenn bei einer Veranstaltung Solidarität mit dem Terror der Hamas ausgedrückt werde. Das israelische Außenministerium und der Nationale Sicherheitsrat warnten: „Es ist davon auszugehen, dass es in verschiedenen Ländern zu Protestveranstaltungen kommen wird, die in Gewalt umschlagen können.“ Israelis wurde empfohlen, sich von Demonstrationen fernzuhalten.

Rigideres Vorgehen gegen israelfeindliche Parolen

Eine Berliner Polizeisprecherin sagte, es gebe keine Hinweise auf konkrete Gefahren durch schwere Straftaten. „Wir rechnen in Berlin mit dem, was wir auch in den letzten Tagen gesehen haben.“ Die Polizei sei aber vorbereitet für einen möglichen großen Einsatz zusätzlich zum bestehenden Schutz für jüdische Einrichtungen.

Zugleich wollen Staatsanwaltschaft und Polizei rigider gegen israelfeindliche Parolen bei Kundgebungen von Palästinensergruppen vorgehen. Die Staatsanwaltschaft prüfe, ob die Verwendung der oft verwendeten Parole „From the River to the Sea, Palestine will be free“ als strafbar eingeordnet werde, hieß es von den Behörden. Mit dem Satz ist gemeint, es solle ein freies Palästina geben auf einem Gebiet vom Fluss Jordan bis zum Mittelmeer – dort wo sich jetzt Israel befindet. Entsprechende Landkarten zeigen bei Demonstrationen das Gebiet ganz in grün, der Farbe des Islam.

Weitere Solidaritätsbekundungen und Proteste

Mehrfach hatte die Polizei geplante palästinensische Demonstration wegen möglicher antisemitischer Ausrufe oder Gewaltverherrlichung verboten. Auch für das Wochenende sind Demonstrationen angekündigt.

Trotz Verboten hatten sich Donnerstag immer wieder Gruppen von Menschen mit Palästinenser-Fahnen oder -Symbolen zusammengefunden. Am Potsdamer Platz versammelten sich am Nachmittag einige Dutzend Menschen. Am späten Abend standen in der Pankstraße in Wedding Menschen mit Palästinenserfahnen. Die Polizei nahm von einigen Teilnehmern die Personalien auf. Nach kurzer Zeit habe sich die Gruppe wieder zerstreut, hieß es.

In Neukölln ist die Polizei am Freitag gegen Menschenansammlungen im Zusammenhang mit dem Nahost-Konflikt vorgegangen. Nach Angaben einer Polizeisprecherin versammelten sich etwa 100 bis 150 Menschen auf der Sonnenallee. Einige von ihnen hatten nach Beobachtungen eines dpa-Reporters Palästinenser-Fahnen oder -Symbole dabei. Die Stimmung war aufgeheizt. Es sei Pyrotechnik gezündet worden, und es habe einen Flaschenwurf gegeben, sagte die Sprecherin. Es habe drei Festnahmen gegeben.

Einsatzkräfte hätten die Lage beruhigt, hieß es. Die Polizei war mit einem Großaufgebot vor Ort und sperrte eine Kreuzung mit Flatterband ab. Die Einsatzkräfte trugen Schutzkleidung und Helme.

Das pro-palästinensische Netzwerk Samidoun teilte ein Video, auf dem zu sehen war, wie Menschen palästinensische Fahnen schwenken. Nach dem Terrorangriff der palästinensischen Organisation Hamas auf Israel mit vielen Toten am vergangenen Wochenende hatten Vertreter von Samidoun die Attacke gefeiert, indem sie Süßigkeiten verteilten.

Nach Polizeiangaben waren am Freitag bis zu 400 Einsatzkräfte unterwegs, um solche Versammlungen zu unterbinden. Die Behörde hatte verstärkte Präsenz auf den Straßen in den nächsten Tagen besonders in Neukölln, in Wedding und im Regierungsviertel angekündigt.

Viele besorgte Juden in Berlin

Viele Juden in Berlin waren wegen des anstehenden Wochenendes sehr besorgt. Manche Restaurants bleiben geschlossen, zahlreiche Familien schickten am Freitag ihre Kinder nicht zur Schule und wollten am Wochenende lieber zu Hause bleiben, wie Medien berichteten. Der Zentralrat der Juden in Deutschland sieht die Gefahr von „Trittbrettfahrern und Einzeltätern“. Seit Mittwoch kursierten in Internetportalen und Chatgruppen Aufforderungen zu Gewalt gegen jüdische Einrichtungen.

„Wir werden unser Restaurant nicht öffnen. Ich habe sehr viel Angst“, sagte die Besitzerin eines israelischen Ladens, die anonym bleiben wollte. Sie habe beschlossen, ihr Restaurant bis Samstag zu schließen, weil sie sich nicht sicher fühle. Momentan bleibe sie die meiste Zeit zuhause. In Tel Aviv habe sie Familie und Freunde.

Das israelische Restaurant „Feinberg's“ in Berlin erhält nach eigenen Angaben seit den Angriffen der Hamas verstärkt Hassanrufe, berichtete der Besitzer Yorai Feinberg. Mit Blick auf die Gewaltaufrufe macht er sich Sorgen: „Wir sind ein mögliches Ziel.“ Das Restaurant in Schöneberg war in der Vergangenheit immer wieder von antisemitischen Vorfällen betroffen.

Andere Besitzer israelischer Restaurants wollen nicht schließen, berichten aber von weniger Gästen als sonst. Die Stimmung sei etwas angespannter.

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