piwik no script img

Nahost-DiplomatieUSA verstimmt über Israel

US-Sondergesandter Mitchell überlegt, die Kreditbürgschaften wegen der Blockade im Friedensprozess einzufrieren. Für Israels Regierung sind die Palästinenser schuld.

Die Diskussionen um die Grenzen werden hart geführt - sowohl vor Ort wie auch auf politischer Ebene. Bild: ap

Die Regierung in Jerusalem will sich von möglichen Sanktionen durch das Weiße Haus nicht unter Druck setzen lassen. "Im Moment sind wir nicht auf die Kreditbürgschaften der USA angewiesen", zeigte sich Finanzminister Juval Steinitz souverän und gleichzeitig überrascht. Erst vor wenigen Monaten hätte das Weiße Haus die Frist der laufenden Bürgschaften um zwei Jahre verlängert. Dabei sei "von Bedingungen keine Rede" gewesen.

In einem Interview mit dem US-amerikanischen Sender PBS hatte der Nahost-Sondergesandte George Mitchell am Wochenende angedeutet, dass eine Streichung der Kreditbürgschaften denkbar wäre, sollten Fortschritte im nahöstlichen Friedensprozess ausbleiben. "Entsprechend des amerikanischen Gesetzes können die USA die Unterstützung von Bürgschaften einstellen", meinte Mitchell.

Auch der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu zeigte sich zu Beginn der Regierungssitzung am Sonntag perplex über den Nahostgesandten, da die Verhandlungen doch "nicht an Israel scheitern, sondern an den Palästinensern". Seine Regierung bemüht sich seit Wochen intensiv darum, diesen Eindruck zu vermitteln. Auch der vorübergehende Baustopp in Siedlungen gehört zu den diplomatischen Maßnahmen. Bei seinem Treffen mit dem ägyptischen Präsidenten Husni Mubarak brachte Netanjahu jüngst die Idee von einem erneuten Gipfeltreffen ins Gespräch. Parallel verschickte das Außenamt in Jerusalem eine mehrere Seiten umfassende Liste an die internationale Presse, die Punkt für Punkt "die fortgesetzte Verweigerung der Palästinenser von israelischen Friedensinitiativen" benennt.

Obwohl die USA die israelische Pille nicht schlucken wollen, steht auch Palästinenserpräsident Mahmud Abbas unter Druck, wie er selbst am Wochenende gegenüber "al-Dschasira" zugab. Neben den USA setzen sich auch Ägypten und Saudi-Arabien für eine Fortsetzung des Friedensprozesses ein. Dabei zeigen die beiden arabischen Staaten Verständnis für die palästinensische Bedingung, dass vor einer Rückkehr zum Verhandlungstisch der Bau in den Siedlungen, inklusive Ostjerusalem, vollständig eingestellt wird. Abbas würde sich dabei vermutlich mit einer inoffiziellen Garantie der israelischen Regierung zufriedengeben. Die Palästinenser interessiert die Umsetzung mehr als Absichtserklärungen.

Wenn Mitchell, wie er sagt, "in einigen Tagen" erneut in die Region reist, wird die jüngste US-Initiative auf der Agenda stehen. Dabei geht es um einen auf zwei Jahre angelegten Plan, der mit Verhandlungen über den künftigen Grenzverlauf beginnen soll. Das Ziel ist, innerhalb von neun Monaten eine Einigung zu erreichen, etwa zeitgleich zum Ablauf der von Netanjahu festgelegten Frist für den Baustopp im Westjordanland.

Die Initiative ist ein weiterer Versuch der USA auf dem mühsamen Weg, den Friedensprozess wieder in Gang zu bringen. Erst vergangene Woche hatte Rahm Emanuel, Stabschef des Weißen Hauses, durchblicken lassen, man sei es leid, zwischen den zerstrittenen Seiten zu vermitteln. Der nun verstärkte Druck auf Israel verspricht indes wenig Hoffnung auf Erfolg. Im September 1991 kürzte das Weiße Haus unter dem damaligen Präsidenten George Bush senior aus ähnlichem Grund Kreditbürgschaften für die Dauer von knapp einem Jahr. Das hinderte Israel nicht daran, den Bau der Siedlungen unvermindert fortzusetzen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

5 Kommentare

 / 
  • DS
    Das Selbst

    Der Grund für den ganzen Mist liegt an der Gründung des Staates Israels selbst.

    Dieses Gebiet wurde doch von den Briten kontrolliert oder irre ich mich da?

     

    Hätten die Amis allen Menschen jüdischen Glaubens die Staatsbürgerschaft gewehrt wäre das wahrscheinlich billiger gewesen. Aber so gibt es zumindest einen Grund sich mit dieser Gegend auseinander zu setzten. :)

     

    MfG

  • R
    rugero

    Aus israelischer Sicht sind immer die anderen Schuld. Israel ist der Meinung, daß alles was es tut nur dringende Verteidigungsmaßen sind. Außerdem hat kein anderes Volk ein Anrecht auf Palestina.

     

    Solange diese Sichtweise bedingungslos von den USA unterstützt wird schert sich die israelische Regierung nicht um die Meinung des Rests der Welt, selbst UNO-Resolutionen wurden noch nie beachtet.

     

    Die eigentlichen Schuldigen an den Völker- und Menschenrechtsverletzungen im Nahen Osten sitzen in Washington. Aber auch die Obama-Administration hält an der alten Nahostpolitik fest - ganz gleich welches Messias-Image der gegenwärtige Prüäsident sonst hat.

  • P
    paco

    Die Palästinenser sollen also schuld sein.Israel hält das Westjordanland seit über 40 Jahren nicht nur besetzt, sondern hat in dieser Zeit ca. einer halben Million sog. "Siedler" den Raub - denn nichts anderes ist dies - an palästinensischem Land ermöglicht, von den alltäglichen Schikanen, denen die PalästinenserInnen ausgesetzt sind ganz zu schweigen. Und mit der Regierung dieses Landes hält nun die Bundesregierung am kommenden Montag eine gemeinsame Kabinettsitzung ab - eine Schande!

  • G
    Gans

    SOWAS:

     

    http://www.aljazeera.com/news/articles/34/Palestinian-Olive-Grove-Destroyed-in-Night.html

     

    sucht man vergeblich in der taz.

     

    Während international die Empörung über die seit 43 Jahren anhaltende Besatzung, das Aushungern einer eng zusammengepferchten Zivilbevölkerung in Gaza und die fortgesetzte Enteignung und scheibchenweise Vertreibung einer alteingesessenen arabischen Bevölkerung im Westjordanland immer stärker wird (im Westen UND im Rest der Welt), versucht die deutsche Presse weiterhin den Eindruck zu vermitteln, es wäre alles garnicht so schlimm und eigentlich sind ja sowieso die Palästinenser irgendwie mitschuldig, dass ihr Land gestohlen wird.

     

    Wenn ihr schon zu feige und opportunistisch seid, das ganze Ausmaß (das man ja durch den Nebelschleier israelischer Propaganda durchaus finden kann) des Unrechts zu dokumentieren, welches den Palästinensern widerfährt, dann nehmt wenigstens die Fakten zur Kenntnis:

     

    Fakten und Zahlen:

     

    Getötete Palästinenser seit 2000: mind. 6348

    Getötete Israelis seit 2000: mind. 1072

     

    Getötete palästinensische Kinder: 1441

    Getötete israelische Kinder: 124

    (seit 2000)

    Verletzte Palästineser: rund 40.000

    Verletzte Israelis: rund 9000

     

    Panzer Israel: 4000

    Panzer Palästinenser: 0

     

    Kriegsflugzeuge Israel F16: 380

    Kriegsflugzeuge Palästinenser: 0

     

    Zerstörte Häuser seit 1967:

    Palästinesische Häuser durch Israel: 24.000

    Israelische Häuser durch Palästinenser: 0

     

    Enteignetes und völkerrechtswidrig besiedeltes Land seit 1967:

    Verlust des Landes der Pals durch Israel: rund 60% der Westbank.

    Verlust des Land des Israelis durch Pals in Israel: 0%

     

    Jüdische Siedler in Palästina (womit ich mal das Gebiet der Westbank und Gaza (dort ja seit 4 Jahren keine mehr) seit 1967:

    500.000

     

    Arabische Siedler (womit ich NICHT die arabischen Israelis meine, die die ethnische Säuberung von 1948/49 überstanden und im heutigen Israel lebe!!) in Israel seit 1967: 0

     

    Gebrochene UN-Resolutionen durch Israel seit 1948/49

    65

     

    Gebrochene UN-Resolutionen seit 1948/49 durch Palästinenser:

    0

     

    Palästinensische Gefangene in israelischen Gefängnissen: 7400

    Israelische Gefangene in den Händen der Palästinser: 1

     

    Militärhilfe aus den USA:

    Für Israel: 7 Millionen Dollar/Tag

    Für Pals: 0 Dollar/Tag

     

    Besatzungsmacht: Israel

     

    Besetztes Volk: Palästinenser.

     

    Quellen:

    http://www.ifamericansknew.org/stats/deaths.html

     

    http://imemc.org/index.php?obj_id=53&story_id=57552

     

    http://www.gush-shalom.org

     

    http://www.wikipedia.de

     

    Ich zitiere Nelson Mandela:

     

    Das Unrecht an den Palästinensern ist die größte moralische Frage unserer Zeit"

     

    http://www.informationclearinghouse.info/article24400.htm

  • CK
    Christian Koenig

    Hallo,

    mich würde interessieren, wo ich die Liste der Punkte warum die Palästinenser am Scheitern/Stocken der Friedensverhandlungen schuld ist, finden kann.

    CK