: Nähe zum Kranken
■ AK Ochsenzoll will psychiatrischen Zentralismus abschaffen
Die allgemeinpsychiatrische Abteilung des Allgemeinen Krankenhauses Ochsenzoll (AKO) soll neu strukturiert werden. Im Sinne der seit 20 Jahren betriebenen Psychiatriereform soll das Angebot gemeindenaher werden. Die Erfahrung lehrt, daß die Unterbringung von psychisch Kranken in klassischen Großkrankenhäusern die Krankheitssymptome sogar noch verstärkt. Denn bei einer längerfristigen stationären Therapie ziehen sich Angehörige und Freunde oft zurück. Zudem besteht die Gefahr, daß der Arbeitsplatz verloren geht.
„Ambulante Dienste müssen im Vordergrund stehen, die den Patienten helfen, sich in ihrer Umwelt zurechtzufinden“, erklärte gestern der Ärztliche Direktor des AKO, Klaus Böhme. Nun wird die Psychiatrie im AKO in fünf Sektoren gegliedert, die jeweils für die Bezirke Mitte, Altona, Wandsbek sowie Teile von Eimsbüttel und Nord zuständig sind. Langfristig will man die Sektoren als wohnortnahe Stationen in die Stadtteile auslagern.
Durch die Sektorisierung soll die Behandlung in enger Verknüpfung mit den Niedergelassenen Ärzten und den ambulanten Psychiatrischen Diensten in den Stadtteilen besser funktionieren. Auch soll die Wiedereingliederung der Kranken in ihre gewohnte Umgebung verbessert werden. Die Integration fördern will das AKO auch durch beschützte Praktikumsplätze in Handwerk und Industrie.
Spezialabteilungen wird es auch weiterhin im AKO geben. Dazu zählt die Forensik für straffällig gewordene psychisch Kranke oder die Gerontopsychiatrie, in der alte Menschen unter anderem Hilfe bei schweren Gedächtnisstörungen finden und in der neueste Ergebnisse der Demenzforschung angewandt werden sollen. Auch für die Behandlung von Suchtkranken – bei Abhängigkeit von legalen oder illegalen Drogen – bleibt eine Spezialabteilung. Geplant ist zudem eine Suchttagesklinik für Alkoholkranke in der City (Hermannstraße). Besondere Angebote richten sich an MigrantInnen sowie an Frauen, die Opfer von Gewalt wurden. paf
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen