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SanssouciNachschlag

■ Antikes im Tacheles: "Dionysos Rache" von Manu Tröke

Antikenprojekte sind immer ein Wagnis. Daß gerade bei Off- Theatergruppen dieses riskante Manöver so beliebt ist, mag an dem Wunsch liegen, sich mit dem Griff ins Kulturerbe ein wenig Staatstheaterwichtigkeit zu verschaffen. Nicht immer muß das schiefgehen. Geht es allerdings schief, ist es gleich ein Desaster. Dann schlägt das ganze Gewicht des Stücks erbarmungslos auf die Inszenierung nieder. Und wie in Manu Trökes jüngstem Versuch, frei nach den „Bakchen“ des Euripides „Dionysos Rache“ auf die Bühne im Tacheles zu bringen, bricht dann auch wirklich alles unter dieser Last zusammen.

Ein paar mit griechischen Säulen bemalte Stoffstreifen signalisieren, daß wir hier in Theben sind. Alles weitere wären eine inszenatorische Idee und gute Schauspieler. Tröke verfügt über beides nicht. Verstimmt war ich schon nach der ersten Szene, als Dionysos (Jaime Mikán) mit grauen Flanellhosen auf die Bühne tritt und von seiner Reise aus dem fernen Asien erzählt. Denn so verloren, wie er da mit seinem Koffer in der Hand auf der Bühne steht, hat er nichts von jenem verstoßenen Gott, der auf dem Rücken eines Tigers zurück nach Theben kommt und auf Rache sinnt. Er erinnert eher an einen Geschäftsreisenden, der am Bahnhof beleidigt seiner verspäteten Gattin entgegenschmollt.

Wer wohlmeinend die Hoffnung hatte, dies sei vielleicht gerade der Witz der Inszenierung, wurde bald enttäuscht. Der Text wird für bare Münze genommen, und die Inszenierung schnurrt ideenlos eine Szene nach der anderen ab. Während Jaime Mikán aufs Schauspielen überhaupt verzichtet, glaubt Peter Offermanns als Pentheus, das Klassenziel präziser Ausdruckskunst sei schon erreicht, wenn er für jedes Gefühlszucken eine mimische Übersetzung gefunden hat. Als ihm beispielsweise Kadmos (Hemut Bernhofen) von den nächtlichen Frauenorgien berichtet, schiebt er beleidigt den Unterkiefer vor, klemmt feste die Nasenflügel nach innen und schnappt erbost nach Luft.

Das Stück hat alle maßlos überfordert, und als Entschuldigung kann nicht gelten, daß es immer schwer ist, einen Zeitgraben von nahezu 2.500 Jahren zu überbrücken. Es gäbe viele gute Gründe für Euripides „Bakchen“ heute, doch für diese Inszenierung gibt es keinen einzigen. Andrea Kern

Bis 2.10. täglich außer Montag, 20 Uhr, im Tacheles, Oranienburger Straße 53–56, Mitte.

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