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■ Nachschlag"Der Frosch muß weg": Theater für Kinder in der Neuköllner Oper

Königreiche sind auch nicht mehr das, was sie mal waren. Dieses hier ist klein, hat die Größe einer mittleren Dreizimmerwohnung und wird von einem Pantoffelhelden im großkarierten Jackett regiert. Die Königin im bonbonrosa Kostüm mag keinen Krach, Tochter Bernadette bekommt Benimmunterricht. So hätte es mit dem Königreich immer weitergehen können – wenn nicht eines Tages der Frosch gekommen wäre. Laut und launig platzt er in das Spießeridyll, setzt sich zum Essen auf den Tisch und verschlingt schmatzend Fliegen. Daß sich der Frosch mit diesen ungehobelten Manieren nicht so recht ins Familienleben fügen würde, das war auch der Prinzessin eigentlich schon vorher klar. Daß er sich am Schluß allerdings in den spießigsten aller Prinzen verwandeln und zum Elternliebling avancieren würde, das hatte sie sich nicht gedacht.

„Der Frosch muß weg“ ist eine moderne Version des „Froschkönigs“, eine Operette „für alle ab sechs“ von Peter Lund (Buch) und Winfried Radeke (Musik) und ein Tribut der Neuköllner Oper an den Vorweihnachtsrummel und die neuen Ladenöffnungszeiten. (Die Karl-Marx-Straße ist praktisch nah.) In der Vorstellung am Samstagnachmittag jedenfalls sitzen die ganz Kleinen ab zwei, ein paar ältere Kinder und vereinzelte Großeltern ein bißchen wie bestellt und nicht abgeholt. So rechte Stimmung kommt nicht auf. Allzu lange wird der ereignislose Alltag der affektierten Königsfamilie gezeigt, allzu banal und flach sind die Figuren. Am meisten nervt die Mutter in ihrer kreischigen Hysterie („Karl Eduard, so sag doch was!“). Schnelle und witzige Dialoge, sonst Peter Lunds ganz große Stärke, fehlen fast vollständig; die Lieder der Zwei-Mann- Combo sind zwar voller guter Ideen und lautmalerischer Effekte, aber leider meistens ein, zwei Strophen zu lang. Da täuscht auch der lässige Frosch nicht über die nachlässige Dramaturgie hinweg, und der gut erdachte Plot wird durch zu langes Hinauszögern flach und schal. Die Kleinen sitzen artig, vereinzelt wird gelacht, und so gleicht die Neuköllner Oper diesmal leider eher einer Kinderverwahranstalt als einem Theater. Christine Hohmeyer

Bis 22.12., Termine unter Tel.: 688 90 777, Neuköllner Oper, Karl- Marx-Straße 131–133

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