Nachruf: Der Gerechtigkeitsfanatiker
Wenn Hamburgs Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) sagt, Peter Krämer habe „die Verbindung aus Unternehmertum und sozialer Verantwortung verkörpert, die unsere Stadt groß gemacht hat“, steckt darin ebenso viel Lob wie kollektives Selbstlob. Und so berechtigt Ersteres ist, so unberechtigt ist Letzteres.
Der Anfang der Woche gestorbene Reeder hatte immer wieder beklagt, wie wenig deutsche Unternehmer sich dem Gemeinwohl verpflichtet fühlten, verglichen etwa mit jenen in den USA. Und gerade bei seinen Hamburger Reederkollegen stieß er auf schroffe Ablehnung, wenn er sie zu stärkerem sozialen Engagement aufforderte. Sicher auch, weil er neben Spenden auch eine deutliche Erhöhung der Steuern auf Besitz forderte. Damit wurde der Mann mit dem sonoren Bass zum Darling der Talkshows – und zum Buhmann der Unternehmerschaft.
Krämer, der sich selbst einen „Gerechtigkeitsfanatiker“ nannte, hatte Pädagogik und Soziologie studiert. Dann fügte er sich der Familienräson, wurde Jurist und brachte die schlingernde väterliche Reederei wieder auf Kurs. Aus der Idee, ein neues Schiff „Nelson Mandela“ zu taufen, entstand Krämers Initiative „1.000 Schulen für Afrika“. Inzwischen hat die Peter-Krämer-Stiftung zusammen mit Unicef schon 2.800 „Nelson-Mandela-Schulen“ in 13 Ländern gebaut oder nach Kriegen wieder aufgebaut. Meist mit einem Brunnen, damit sie auch als Dorfzentrum funktionieren.
Dabei waren die Millionen aus Krämers in der Schifffahrtskrise auf ein Drittel geschrumpftem Privatvermögen nur ein kleiner Baustein. Wichtiger war, dass er andere motiviert hat – Unternehmer, Institutionen, Privatleute. Die Stiftung, die sein Sohn und Nachfolger Christian „kraftvoll“ weiterführen will, hat sich auf die Lehrer-Ausbildung fokussiert, nach dem Prinzip der „Lebensschule“: Lesen, Schreiben, Rechnen, Verhütung und Aidsschutz – für Krämer Voraussetzungen für die Armutsbekämpfung.
Wenn der Norden dann noch Handelsschranken und Agrarsubventionen abbaute, sagte er einst, „brauchen wir innerhalb von zehn Jahren keinen Cent Entwicklungshilfe mehr“. Danach sieht es, trotz „Merkel-Plan“ für Afrika, wieder mal nicht aus. jank
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