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Nachrichtenagentur APWegen Krise geschlossen

Die Lage für Nachrichtenagenturen ist hart: Die Agentur AP zieht sich deshalb aus den deutschen Ländern zurück und setzt zur Existenzsicherung auf Auslandsmeldungen.

Für Nachrichten aus Deutschland bald nicht mehr zuständig: AP Bild: screenshot: ap-online.de

Wie hart der Verdrängungswettbewerb unter den Nachrichtenagenturen ist, zeigt sich in Kassel. Dort hat die Hessisch/Niedersächsische Allgemeine (HNA) sechs Wochen auf die Dienste der Deutschen Presse-Agentur (dpa) verzichtet. Die Redakteure kompensierten das mit Meldungen der Associated Press (AP). Auf Probe bezog die HNA zudem den Deutschen Depeschendienst (ddp) und den Sportinformationsdienst (sid).

Aus Kassel, wo seit zwei Wochen wieder der Urzustand hergestellt ist, ist zu hören, größere Regionalzeitungen können auch ohne dpa. Man müsse sich allein bei der Konzeption des Blatts mehr anstrengen. Denn der Marktführer bringe neben dem umfangreichsten Gesamtangebot auch die verlässlichste Vorausplanung mit.

Das passt in das Bild, das ddp-Chefredakteur Joachim Widmann auf der jüngsten Pressekonferenz seines Dienstes malte: Redaktionen könnten sich "puzzlestückchenhaft" eine dpa-Alternative bauen. Die HNA wird trotz der guten Erfahrungen bei dpa und AP bleiben, wie aus dem Verlag zu erfahren ist: Die auf Regionaltitel spezialisierte Ippen-Gruppe, zu der auch der Münchner Merkur gehört, will einen Gruppenvertrag mit dpa schließen. Der hilft vor allem den anderen Titeln, mit denen sich die HNA solidarisch zeigen dürfte.

Das Gerangel unter den Agenturen ist so hart, dass sich AP Deutschland schon seit Monaten schleichend neu aufstellt. Dafür zieht die stärkste US-Agentur Korrespondenten aus den Bundesländern ab. Die Büros in Leipzig, Schwerin und Magdeburg sind bereits dicht. Hamburg soll schrumpfen. Nur Berlin soll unangetastet bleiben - vorerst. AP will diese Entwicklung nicht kommentieren.

Weil daheim in den USA der Zeitungsmarkt einbricht, hat AP eine Sparwelle ausgerufen. Jeder zehnte Arbeitsplatz soll weg. Den deutschen Ableger wollte die AP-Muttergesellschaft nicht verschonen, obwohl er zuletzt bei einem Umsatz von 23 Millionen Euro jährlich noch knapp 5 Millionen an die Zentrale abführte.

AP Deutschland muss zudem eine Entmachtung hinnehmen: Im März wurde der langjährige Geschäftsführer Oliver Lux abgelöst, der in der Frankfurter Deutschland-Zentrale saß. Sein Nachfolger Nigel Baker sitzt hingegen in der Europa-Zentrale in London.

Die AP, die - wie die Agence France-Presse (AFP) als zweiter großer Dienst für Auslandsmeldungen - fast die Hälfte der deutschen Zeitungen beliefert, soll sich jetzt darauf konzentrieren, den AP-Weltdienst zu übersetzen und mit Informationen für deutsche Kunden anzureichern.

In der Fläche haben AP und AFP aber ohnehin keine guten Karten: 78 Redakteure bei AP und 65 bei AFP stehen 451 bei dpa gegenüber, außerdem 14 Büros von AP sowie zwölf von AFP den 50 Vertretungen der dpa.

Ganz anders sieht das im Ausland aus: AP ist in 97 Ländern mit eigenen Korrespondenten präsent, AFP sogar in 165. Da sieht die dpa blass aus, die im Ausland oft nur freie Mitarbeiter beschäftigt. Das rächt sich etwa bei Piratenattacken auf Tanker, wo AFP den Ton angibt, die im afrikanischen Raum stärker ist als alle anderen. Oder bei Berichten aus den USA, wo sich dpa häufig lediglich auf amerikanische Medien bezieht.

Deshalb halten sich viele Medien neben dpa als Ergänzung mindestens eine Weltagentur. Doch auch dieser Markt ist heiß umkämpft, wie eine andere Redaktion in Hessen zeigt: Die Frankfurter Rundschau hat AP gekündigt und dafür AFP bestellt, zu der übrigens auch der sid gehört. Diesen Schritt werden sie bei AFP mit großer Freude zur Kenntnis genommen haben: Im Norden Hessens, bei der HNA, gehen sie nämlich seit Jahren trotz diverser Angebote leer aus. Dort punktet AP.

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