Nachlass von Leni Riefenstahl: Sie hob alles auf
Der Nachlass von Leni Riefenstahl, 700 Umzugskartons, ging ans Fotomuseum in Berlin. Sie wurde mit ihren Nazipropaganda-Filmen bekannt.
Was Ludger Derenthal, Leiter des Fotomuseums der Staatlichen Museen zu Berlin, am Donnerstag aus dem Nachlass von Leni Riefenstahl (1902 – 2003) zum Besten gab war, wie er sagt, „ein Gruß aus der Küche“. Wobei, wie er fortfuhr, der Koch noch gar nicht wisse, wie das Menü aussehen werde.
Doch noch steht man ganz am Anfang. Es müssen erst noch Drittmittel eingeworben und ein wissenschaftliches Team aufgestellt werden, um den Nachlass von Leni Riefenstahl zu erschließen und aufzuarbeiten, den ihre langjährige Sekretärin und Alleinerbin Gisela Jahn als Schenkung nach Berlin gab. Darüber will sie mit Riefenstahl noch zu deren Lebzeiten gesprochen haben.
Zum Gruß aus der Küche, den Derenthal in Form mehrerer verschiedener Schachteln, Alben und Ordnern aus einem normalen Umzugskarton hob, gehörten auch zwei Ordner „Besondere Briefe“. Auf den Reitern war der Name der Schauspielerin Sharon Stone zu lesen und der von Helmut Newton. Aus seinem Brief war das Kompliment „Du siehst betörend glamourös aus“ zu erhaschen. Er hatte sie gerade fotografiert. Da war sie 100 Jahre alt, und beide waren schon länger befreundet.
Deshalb ist auch das in der Helmut Newton Foundation beherbergte Fotomuseum die zentrale Anlaufstelle für die Erschließung und Aufarbeitung des Nachlasses, der nicht weniger als 700 Umzugskartons umfasst. Was die Schlussfolgerung zulässt, dass die zeitlebens wegen ihrer Nazipropagandafilme umstrittene Tänzerin, Schauspielerin, Taucherin, Filmregisseurin und Fotografin alles aufbewahrt hat, was ihr Leben und ihre Karriere betrifft, und zwar von Anfang an.
Es darf also auf interessante Funde schon aus den späten 1920er, den 1930er und 1940er Jahren gehofft werden und nicht nur auf Archivalien aus der Nachkriegszeit. Ein spannendes Unternehmen, zunächst für die Wissenschaft, später fürs Publikum. Denn die dann aufbereitete Sammlung lebt von ihrer Kontextualisierung, etwa der Analyse von Riefenstahls Verbindung mit dem nationalsozialistischen Regime.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
Nach der Gewalt in Amsterdam
Eine Stadt in Aufruhr
+++ Nachrichten im Nahost-Krieg +++
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu und Hamas-Anführer
James Bridle bekommt Preis aberkannt
Boykottieren und boykottiert werden
Die Wahrheit
Der erste Schnee