■ Kommentare: Nachhilfe überfällig
Ungläubiges Staunen malte sich gestern auf den Gesichtern der ZuhörerInnen des Ausländerausschusses bei den Ausführungen des Innensenators. Glaubte der Innensenator doch, Abgeordnete, Publikum und betroffene angolanische Flüchtlinge davon überzeugen zu können, daß für sie die Stellung eines Asylfolgeantrages besser sei als der Erlaß eines Abschiebestopps. Die Ausführungen des Chefs der Innenbehörde zeugten von wenig Sachkenntnis. Man fragt sich, hat der Innensenator das Ausländergesetz, das er anwenden soll, überhaupt gelesen, und wenn ja, hat er es vielleicht nicht verstanden? Jedenfalls dozierte er munter drauflos, ungetrübt von jeglicher Sachkenntnis. Gekommen waren rund 50 von der Abschiebung bedrohte angolanische Flüchtlinge, deren Aslanträge vom Bundesamt für die Anerkennung (besser: Ablehnung) ausländischer Flüchtlinge durchweg abgelehnt worden waren. Der Bürgerkrieg in Angola, der dort seit Jahren tobt, sei kein Anerkennungsgrund.
Dennoch riet der Innensenator wider besseres Wissen zur erneuten Asylantragstellung. Mit dem sogenannten Asylkompromiß aber sollte ja gerade vermieden werden, daß Bürgerkriegsflüchtlinge in ein aussichtsloses Asylverfahren getrieben werden. Für sie soll es die Möglichkeit der Aufenthaltsbefugnis nach dem neugeschaffenen Paragraph 32a AuslG geben, der aber bisher nicht praktiziert wird. Dem Innensenator kann nur empfohlen werden, nach dem Text des Paragraph 54 zu handeln, in dem es heißt: „Die oberste Landesbehörde kann aus völkerrechtlichen oder humanistischen Gründen ... anordnen, daß die Abschiebung von Ausländern aus bestimmten Staaten oder von bestimmten Ausländergruppen ... für die Dauer von längstens sechs Monaten ausgesetzt wird...“ Wer bringt das dem Innensenator endlich bei? Entweder der Senator tritt endlich zurück, oder er nimmt Nachhilfeunterricht bei den zahlreich erschienenen Begleitern und Begleiterinnen der angolanischen Flüchtlinge. Rita Kantemir, Flüchtlingsberaterin
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