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Nachhaltiges HandelnMehr Mitleid für das Zukunfts-Ich

Viel von dem, was wir heute konsumieren, wird uns später fehlen. Würden wir einen Nachbarplaneten nachhaltiger behandeln als unsere eigene Zukunft?

Aufnahme der Erde über dem Mondhorizont, Nasa-Mission Apollo 11 1969 Foto: imago

S tellen Sie sich vor, jeden Tag würde ein Zeitreisender aus der Vergangenheit kommen und Ihnen etwas wegnehmen: Am Morgen trinkt er den Tee aus Ihrer Lieblingstasse, zu Mittag nimmt er sich eine Gabel Nudeln vom Teller, und am Abend parkt er seinen SUV in Ihrem Wohnzimmer und zerquetscht dabei das Meerschweinchen.

Was würden Sie tun? Nichts. Denn Sie wären viel zu sehr damit beschäftigt, selbst in die Zukunft zu reisen, um den dort Lebenden etwas wegzunehmen, so wie Sie und Ihr Nachbar es schon immer getan haben.

Klingt absurd, oder? Als Science-Fiction-Autorin ist es mein Beruf, mir über solche Fragen Gedanken zu machen. Aus vermeintlich un­realistischen Ideen entwickle ich Geschichten, die am Ende eine ganze Menge mit unserem heutigen Leben zu tun haben.

Die Folgen des eigenen Handelns spüren

So wie das Problem mit dem Zeitreisenden in Ihrer Wohnung. Denn diese Situation haben wir tatsächlich genau so jeden Tag. Manche Ressourcen, die wir verbrauchen, können sich regenerieren, andere werden unwiederbringlich vernichtet. Um rechnerisch zu veranschaulichen, ab wann unser Konsum die jährliche Erneuerungsfähigkeit der Erde übersteigt, gib es den Erdüberlastungstag. Deutschland erreichte ihn dieses Jahr bereits am 4. Mai. Seitdem konsumieren, essen, trinken und vermüllen wir auf Kosten der Zukunft.

Wir kennen das Problem, aber wir tun – wenn wir ehrlich sind – nicht genug, um es zu beseitigen. Denn der heutige Lustgewinn aus einem Burger oder aus einem warmen Auto ist mir viel näher als die daraus entstehenden Konsequenzen. Den Gedanken kennt schließlich jeder: Heute genieße ich mein Bier, den Kater muss mein zukünftiges Ich dann morgen ausbaden!

Die Zukunft ist nur eine Projektion, eine Wahrscheinlichkeit, ein zwar zu erahnender, aber unerreichbarer Ort. Sie existiert für uns im Grunde nicht, denn wir können ihr Leid heute noch nicht spüren. Oder warum rauchen und trinken Sie noch und machen zu wenig Sport?

Wer tritt für zukünftige Generationen ein?

Und zum Glück ist die Zukunft hauptsächlich von Menschen bevölkert, die noch zu jung oder zu ungeboren sind, um für sie Krieg zu führen! Denn stellen Sie sich vor, es wäre nicht die Zukunft, die wir ausbeuten, sondern ein Nachbarplanet. Dessen Bewohnerinnen würden sich das keinen Tag gefallen lassen. Wir müssten unser Verhalten entweder sofort ändern oder mit Waffengewalt durchdrücken. Wie angenehm, dass die Zukunft uns nicht ihre Panzer und Raketen entgegenschickt. So empfinden wir unsere Übergriffe nicht als Aggression, sondern als Normalität. Und wenn es keine Opfer gibt, dann gibt es auch keine Täter und auch keine Schuld – oder?

Was ist mit den Rechten der zukünftigen Generationen? Wer soll für sie eintreten und wie?

Theresa Hannig Foto: privat

Es gibt bereits heute Aktivistinnen, die für die zukünftigen Menschen streiten – und damit auch für Sie! Denn auch Sie werden (Daumen drücken!) den nächsten Sonnenaufgang, die kommende Woche oder das Jahr 2023 erleben. Die Zukunft entsteht nicht einfach aus dem Nichts, sondern sie ergibt sich morgen aus den Entscheidungen, die wir in der Gegenwart fällen.

Aus heutiger Sicht können wir uns glücklich schätzen, dass es keine Zeitmaschine gibt, mit deren Hilfe die Menschen aus der Zukunft unsere Meerschweinchen zerquetschen oder uns daran hindern, heute den Planeten auszubeuten. Aber was wird Ihr zukünftiges Ich aus dem Jahr 2030 dazu sagen?

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