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Nachhaltige Wissenschaft„Ganz andere Mobilitätskonzepte“

Wir brauchen eine nachhaltiger orientierte Wissenschaft, meint Reiner Braun. Dazu sollen sich die Akteure und Verbände jetzt an einen Tisch setzen.

Nicht unbedingt das non plus ultra der Nachhaltigkeit: Mit Oberleitungen betriebene LKWs. Bild: dpa
Heike Holdinghausen
Interview von Heike Holdinghausen

taz: Herr Braun, heute wollen Sie in Berlin den den "Runden Tisch nachhaltige Wissenschaftspolitik". Was heißt das?

REINER BRAUN: Nachhaltige Wissenschaft bedeutet, dass wir ökonomische, ökologische, soziale und auch partizipative Aspekte bei Wissenschaft, Forschung und Lehre berücksichtigen. Eine Messlatte ist: wie sehr sind auch Betroffene in Forschungsprojekte einbezogen?

Wer sitzt an diesem Runden Tisch?

Umweltorganisationen, Gewerkschaften, Kirchen, entwicklungspolitische Gruppierungen, Initiativen und Organisationen, die sich im weitesten Sinne mit Nachhaltigkeit beschäftigen, für die Wissenschaft aber bislang kaum oder nur peripher eine Rolle spielt.

Worum geht's?

Es geht darum in Erfahrung zu bringen, was diese Initiativen und Organisationen von einer nachhaltigen Wissenschaft und Forschungspolitik erwarten können und gleichzeitig, wie diejenigen, die in der nachhaltigen Wissenschaft engagiert sind, die Organisationen unterstützen können. Natürlich spielt etwa beim Nabu oder beim BUND Wissenschaft als Argumentationshilfe eine Rolle. Aber sie beschäftigen sich kaum reflektiv damit, was Wissenschaft und Wissenschaftspolitik für ihre Organisation bedeutet.

Bild: privat
Im Interview: REINER BRAUN

ist Geschäftsführer der Vereinigung deutscher Wissenschaftler (vdw), einer der Trägerorgansationen des Runden Tisches nachhaltige Wissenschaft.

Wer von der Wissenschaft ist dabei?

Der Träger des Projektes, die Vereinigung deutscher Wissenschaftler, unterstützt vom Wuppertal-Institut für Klima, Umwelt und Energie, dem Netzwerk Nachhaltiger Wissenschaft sowie Hochschullehrer und Wissenschaftler, die in den zivilgesellschaftlichen Organisationen eine Funktion haben.

Dann reden doch nur diejenigen miteinander, die jetzt schon ähnliche Konzepte von Nachhaltigkeit haben, und die etablierte Wissenschaft bleibt draußen ...

Das ist je nicht wenig, wenn diese über Wissenschaft reden. Wir wollen aber sehen, was die Zivilgesellschaft überhaupt einfordern und einbringen kann. Schließlich wird unser Projekt vom Forschungsministerium für zwei Jahre gefördert. Wir haben also etwas Zeit.

Für Forschung etwa für die Energiewende oder die Elektromobilität gibt es Milliarden an öffentlicher Förderung. Wollen Sie an diese Töpfe?

Nein. Wir wollen uns mit diesen Konzepten auseinandersetzen. Zum Beispiel bei der Elektromobilität könnte es sinnvoll sein, eher in Mobilitätsforschung zu investieren, und nicht zu versuchen, 7,5 Tonnen per Stromantrieb auf die Straße zu bekommen. Vielleicht müssen wir eher ganz andere Mobilitätskonzepte entwickeln.

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6 Kommentare

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  • R
    reblek

    "Herr Braun, heute wollen Sie in Berlin den den 'Runden Tisch nachhaltige Wissenschaftspolitik'." - Könnte es sein, dass dieser Satz nicht ganz vollständig ist?

    "... was Wissenschaft und Wissenschaftspolitik für ihre Organisation bedeutet." - Schwierig, das mit der "Nachhaltigkeit" der deutschen Sprache sowie der Unterscheidung von Singular und - durch "und" - entstehendem Plural.

    "Das ist je nicht wenig..." - Ja, ja.

  • N
    Nic

    @Yps, "geplante Adoleszenz" statt "geplante Obsolenz" ist urkomisch :D

  • MN
    mein Name

    Sie meinen vermutlich geplante Obsoleszenz (nicht Adoleszenz).

     

    Aber mal im Ernst: der NABU und der BUND ham nen runden Tisch mit ner Uni gegründet. Big deal... Greenpeace finanziert seit Jahren nachhaltige Forschung und Wissenschaft. Und einige Professoren bekennen sich auch ganz klar zu ihrer Greenpeace-Mitgliedschaft.

     

    Abgesehen davon denke ich, dass nachhaltiges Wirtschaften/Leben und Kapitalismus nicht vereinbar sind. Elektromobilität und erneuerbare Energien machen nur dann Sinn, wenn deren Produktion und Betrieb nicht weiterhin Resourcen ausbeuten (Stichwort Litium-Batterien, seltene Erden in Windgeneratoren und PV-Panels, Kupfer in Oberleitungen etc. pp.)

     

    Aber vlt machen sich die NABU/BUND - Leute ja auch über solch "radikale" Ansätze Gedanken.

  • Y
    Yps

    Um die Zahl der LKW auf den Straßen zu minimieren, müsste man es schaffen, die Konsumenten dazuzu bringen, regionale und saisonale Produkte einzukaufen.

    Die Fertigungstiefe müsste erhöht werden, damit halbfertige Produkte nicht durch die Landaschaft gekarrt werden muss. Auch müsste von zuviel an verpackung verboten werden.

    Es müüste wohl auch ein Verbot von geplanter Adoleszenz ausgesprochen werden und die Kunden dazu animiert werden ihre Geräte lange zu benützen.

  • S
    Spoetter

    Die Chinesen sind weiter, da reicht beim Bus eine Stromleitung an der Haltestelle :

     

    http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/thumb/d/db/Expo_2010_Electric_Bus.jpg/800px-Expo_2010_Electric_Bus.jpg

     

    Wer hats erfunden ? - Chineeeeesen !!

     

    Gähn, die Deutschen erfinden (mal wieder nach 120 Jahren) den Oberleitungsbus/lkw...

  • X
    xonra

    Ein Fortschritt wäre es, wenn die sogen. "alternative Wissenschaft" sich dazu bekennt, Konzepte von engagierten NGO`s als solche zu benennen und anzuerkennen. Mittlerweile gibt es, insbesondere zu dem Thema Mobilität von Morgen, einige Studien und Konzepte, die nicht allein von Wissenschaftlern stammen, sondern von engagierten NGO`s. Dabei ist es schwierig, Konzepte von freien Gruppen zu finden, die nicht mit mindestens einem Bein in der Energiewirtschaft oder in der Automobilindustrie, Gesundheit etc. stehen.

    Mittlerweile werden die Konzepte von NGO`s hemmungslos von den etablierten Wissenschaften kopiert. Wenn deren Motto - "Erfolg ist, wenn man kopiert wird" - lautet, können diese sich still und heimlich freuen, wenn irgendein "anerkannter Wissenschaftler" ein Konzept als seines verkauft.