Nachgehackt: Kuno Böse zeigte Profil – am Reifen
JournalistInnen sind brutal. Wenn ihnen sonst nichts einfällt, greifen sie zum Beil. Zum Zuhacken. Dann entsteht kein verdienstvoll-investigatives „Nachgehakt", schon gar kein dossierartig-dialogorientiertes „Nachgefragt". Nein, „Nachgehackt" heißt hämisch die Devise, gern auch mit der Doppelaxt.
Heute unter der Klinge: Der Kultursenator höchspersönlich. Nach der evangelischen Kirche mit ihrer schicken Megaposter-Aktion („Woran denken Sie bei Ostern?“) und den Blut spendenden Jungen Liberalen („Wir wollen 18 Prozent!“) wieder mal ein würdiges Opfer auf dem Hackblock der taz.
Zugegeben: Wir mussten etwas tiefer kramen im Posteingangsfach, aber dann fand sie sich noch: Jene Pressemeldung von des Senators innovativer Ausstellungseröffnung bei „Emigholz der Reifentreff“. Ein gemütlicher Ort für Freunde runder Objekte, möchte man meinen, und so wundert es nicht, dass sich auch Böse gerne einfand:Um „vor einer starken Kulisse aus zufällig anwesenden Center-Kunden wie aus geladenen Gästen“ der „Kunst aus Reifen“ senatorische Weihen zu verleihen.
Da wurden Profilspalten mit farbigem Wachs gefüllt, bequeme Sessel aus Altreifen gebaut und eine Künstlerin „animierte viele Besucher der Vernissage dazu, über den Haarschopf aus Reifenprofil ihrer Keramik zu streicheln.“
„Wirtschaft und Kunst sind auf vielfältige Art miteinander zu verbinden“, kommentierte der Senator gutgelaunt, der qua Amt ja sowohl für Verkehrsüberwachung als auch für Ästhetik zuständig ist. Da musste ihm die Kunstidee des Reifenproduzenten doch ideal erscheinen, um seine Fähigkeit zum ressortübergreifenden Querschnittsdenken unter Beweis zu stellen.
Auch der Veranstalter begriff den Quantensprung seines Produktes. Jens Emigholz: „Auf diese Art und Weise schaffen Reifen den Sprung aus der Garage ins Wohnzimmer.“ Rundum profilbildend. Der Hacker
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