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NachgegackertAuf Du mit den Bauern

■ Gerade die kleinen Bio-Höfe haben im Nitrofen-Skandal gute Karten

Seit gestern stehen auch konventionelle Eier unter Verdacht, nitrofenverseucht zu sein. Das teilte Niedersachsens Landwirtschaftsminister Uwe Bartels mit. Das Ergebnis der Gegenprobe sei allerdings erst heute zu erwarten.

Bio-Bäuerin Gisela Lienau vom Bioland-Hof Lienau in Zeven hat andere Probleme mit dem Nitrofen-Skandal : „Für uns ist das eine Katastrophe.“ Dabei hat sie sich nichts vorzuwerfen: Den strengen Anforderungen von „Demeter“ und „Bioland“ entsprechend produziert ihr Betrieb das Futter für ihre Hühner selbst, genau so wie die Höfe Meyer-Toms in Schwarme oder Stövenau/Ehlers in Meyenburg. Für ihr Überleben ist derzeit offensichtlich ein Faktor entscheidend: Eine treue Stammkundschaft, die die Bio-Bäuerinnen direkt ab Hof oder in den klassischen Bioläden in der Stadt bedienen.

Gisela Lienau: „Unsere Kunden kaufen unsere Eier weiter.“ Indessen kann sie nur geduldig alle Fragen ihrer KundInnen beantworten und darauf setzen, dass das Vertrauen bestehen bleibt. Sabine Stövenau in Meyenburg macht gerade ähnliche Erfahrungen: „Das Telefon klingelt heiß, die Verbraucher wollen den Hintergrund verstehen.“ Existenzangst hat sie nicht: „Wir sind ein direkt vermarktender Betrieb. Unsere Kunden sehen, wie wir unsere Hühner halten und sie wissen, wie wir das Futter anbauen.“

Jutta Grabowski vom Hof Meyer-Toms in Schwarme, 20 Kilometer von Bremen entfernt, freut sich fast: „Als der Skandal öffentlich wurde, war das fast wie Werbung für uns.“ Der kleine 50-Hektar-Betrieb hat für seinen Ab-Hof-Verkauf ebenfalls eine feste Kundschaft. Selbst produziert der Meyer-Toms-Hof vor allem Futtergetreide. Das verfüttern sie größtenteils selbst an ihre derzeit 21 Schweine. Was von dem Getreide übrig bleibt, verkaufen sie in kleinem Rahmen weiter, etwa an Hobby-Hühnerhalter in der Umgebung. Ansonsten bekommt man dort Gemüse vom Hof.

Grabowski hat keine Existenzangst, denn auch sie kann auf den persönlichen Kontakt zu den VerbraucherInnen bauen: „Da ist dann einfach so ein Grundvertrauen da.“ Was dem Betrieb eher das Genick brechen könnte, sei der bürokratische Wust, der auf ihn zukommen kann, wenn die Produktionswege noch transparenter werden sollen. „Die Großbetriebe haben den Vorteil, dafür eine eigene Verwaltung zu haben“, sagt Grabowski. „Wir müssen das alles nebenher mitmachen.“ Auf dem Hof schuften je nach Saison bis zu fünf Arbeitskräfte.

Dass der persönliche Kontakt wichtig ist, spiegeln Erfahrungen von Bremer Bio-Läden wieder. Hartmut Ludwig vom Naturkost-Laden in Findorff sagt: „Unsere Kundschaft reagiert sehr wohlwollend.“ Für ihn selbst überraschend sei, dass sehr wenige Fragen gestellt würden.

Das bestätigt auch der Mann von „Milch & Honig“ in Schwachhausen. Vorsichtshalber bestellt er erst einmal keine Geflügelwurst nach. Das handhabt Ludwig anders: Er habe nichts aus dem Sortiment genommen. Aber sein Laden verkauft derzeit auch mehr Eier als sonst, wie er selbst sagt. Ludwigs Konsequenz: „Ich habe gerade ganz offensiv viel Tiefkühl-Geflügel bestellt.“

Ulrike Bendrat

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