Nachgefragt: Mit der Bundeswehr
■ Herbert Wulfekuhl über die geplante Wehrmachts-Ausstellung
Die Ausstellung „Vernichtungskrieg – Verbrechen der Wehrmacht 1941-1944“ aus dem von Jan-Philipp Reemtsma gegründeten Hamburger Institut für Sozialforschung soll im nächsten Mai in der Unteren Rathaushalle gezeigt werden. Überregional hat sie für Aufregung gesorgt, weil im Unterschied zum bisherigen Geschichtsbild die Rolle der Wehrmacht darin in Nähe der SS gerückt wird. Es wird dokumentiert, wie auch die „normalen“ Soldaten an Massakern beteiligt waren. Herbert Wulfekuhl ist Leiter der Bremer Landeszentrale für Politische Bildung, die die Ausstellung nach Bremen holen wird.
taz: Gibt es die überregionale Debatte jetzt auch schon in Bremen?
Herbert Wulfekuhl: Die Diskussion führen wir über die Ausstellung und über ihre Nutzbarkeit für ein Veranstaltungsprogramm zur Erinnerungsarbeit auch mit der Bundeswehr.
Gibt es Unmut bei der Bundeswehr?
Unmut ist mir nicht bekannt. Ich habe selber zweimal mehrere Stunden mit Oberst von Grone, dem Standortältesten in Bremen, über das Gesamtprojekt „Krieg und Frieden in unserer Zeit“ und seine Kritik zur Ausstellung konferiert.
Aber Kritik hat die Bundeswehr an der Ausstellung?
Die Bundeswehr sieht für sich keinen Klärungsbedarf mehr, was die Zeit des Zweiten Weltkrieges und die Rolle der Wehrmacht angeht. Sie sagt, sie habe dies in ihrer Gründung und ihrer Entwicklung umgesetzt – vom Traditionserlaß bis hin zur inneren Führung – und kritisiert an der Ausstellung, daß sie in ihrer pauschalierenden Aussage, ob sie will oder nicht, doch dem einzelnen Soldaten den Vorwurf macht, er sei Teil einer Verbrecherorganisation gewesen und damit letztlich selber ein Verbrecher. Und die Bundeswehr kritisiert wissenschaftliche Mängel, weil ihr die Aufarbeitung des soziologischen Hintergrunds fehlt, wie man in einer militärischen Extremsituation in ein Verbrechen verstrickt werden kann.
Teilen Sie diese Bedenken an der Ausstellung?
Ich respektiere die Bedenken aus der Sichtweise der Bundeswehr und in ihrem Rollenverständnis. Wir haben uns lange überlegt, ob wir die Ausstellung einladen und wie wir sie präsentieren sollen. Und wir sind der Meinung, man kann die Ausstellung auch in all ihren Fragwürdigkeiten benutzen, um die fundamentalen Unterschiede zwischen damals und unserer heutigen Armee herauszuarbeiten. Wir organisieren da nicht etwas gegen die Bundeswehr.
Wird es im Rahmenprogramm denn auch eine Auseinandersetzung mit der Bundeswehr geben?
Nein. Was wir uns vorstellen, ist eine Fachtagung, in der die Urheber und Befürworter der Ausstellung zusammenkommen mit ihren Kritikern und dann in wissenschaftlich fundierter Weise das Pro und Contra einer solchen Ausstellung diskutieren.
Aber die Ausstellung ist im vergangenen Jahr doch deshalb so brisant geworden, weil sie mit dem Soldaten-sind-Mörder-Urteil des Verfassungsgerichts zusammengefallen ist – also mit der Frage, wie wir es heute mit der Bundeswehr und ihren Soldaten halten.
Das war aber ein zufälliges Zusammenfallen. Als die Ausstellung erschien, konnte ja niemand wissen, daß diese Karlsruher Entscheidung ergehen würde, die juristisch so kompliziert ist, daß Karlsruhe sie selber noch erklären mußte.
Werden sich denn die Bremer Repräsentanten der Bundeswehr aktiv an Ihrem Veranstaltungsprogramm beteiligen?
Unser Veranstaltungsprogramm sollte am besten durch das militärgeschichtliche Forschungsamt der Bundeswehr in Potsdam begleitet werden. So haben wir es vorgeschlagen, weil es um die historische Komponente geht.
Fragen: Dirk Asendorpf
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