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Nachgefragt„Ein Unding“

■ H. Kuhn (Grüne) zur Parlamentsreform

Vollmundig hatte die CDU im Wahlkampf versprochen, sie würde „oben anfangen zu sparen“. Die Bürgerschaft, in der zur Zeit 100 Abgeordnete sitzen, sollte verkleinert werden. Doch die Fraktion schert sich offenbar nicht mehr um ihr Geschwätz von gestern. Die Bürgerschaft bleibt, wie sie ist – gespart wird woanders. Darauf haben sich CDU und SPD jetzt im Koalitionsausschuß geeinigt. Warum, wollten sie nicht verraten. Er sei nicht zu einem Interview bereit, ließ CDU-Fraktionschef Ronald-Mike Neumeyer der taz ausrichten. Christian Weber (SPD) hatte keine Zeit. Nur Hermann Kuhn (Grüne) wollte gern über das Thema sprechen.

Herr Kuhn, wird die Opposition von AfB und Grüne weiter für eine Verkleinerung des Parlamentes streiten?

Ja, das werden wir. CDU und SPD haben vor einem Jahr dem Parlamentsausschuß den Auftrag gegeben, Vorschläge zur Verkleinerung des Parlamentes zu prüfen. Bevor der Ausschuß aber überhaupt dazu kommen konnte, diese Frage zu prüfen, hat sich der Koalitionsausschuß darauf geeinigt, daß bis 1999 gar nichts passiert. Und wenn bis 1999 das Wahlgesetz nicht geändert wird, werden wieder 100 Abgeordnete in die Bürgerschaft gewählt.

Wieviel wollen Sie sparen, wenn nur noch 75 Abgeordnete in der Bürgerschaft sitzen?

Das habe ich nicht auf Heller und Pfenning ausgerechnet.

Abgeordnete bekommen derzeit 4.469 monatlich. Hinzukommen 761 Mark steuerfreie Zulage. 30 Mark gibt es für jede Sitzung. Wenn statt 100 nur 75 Abgeordnete in der Bürgerschaft säßen, würde das jährlich mindestens 1,5 Millionen Mark einsparen.

Wenn die Verkleinerung des Parlamentes Hand in Hand geht mit der Abschaffung der Deputierten, wird sogar noch mehr Geld gespart.

Und was hat die Große Koalition dagegen?

Gespart wird halt immer nur bei den anderen. Ein Unding. Ich finde das Verhalten der Großen Koalition aber auch noch in anderer Hinsicht interessant. Schon im Dezember hat die Bürgerschaft den zuständigen Ausschuß beauftragt, die Umwandlung der Deputationen in Ausschüsse zu prüfen. Geschehen ist bisher nichts. Es soll halt alles beim alten bleiben.

Fragen: Kerstin Schneider

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