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NachgefragtBlaue Briefe

■ Lehrerin Larisch zur Gehaltskürzung für Streikende: „Schulpolitische Aktion“

1.730 blaue Briefe verschickte Bildungssenatorin Bringfriede Kahrs (SPD) vor zwei Tagen: Gehaltskürzungen für LehrerInnen, die gegen die Arbeitszeiterhöhung protestierten. Wir sprachen darüber mit Barbara Larisch, Lehrerin am Schulzentrum Walle:

taz: Frau Kahrs hat Ihnen einen blauen Brief geschickt. Warum?

Barbara Larisch: Wir haben acht Tage vor dem Streik am 30. April einen Aktionstag gemacht und unsere Schule renoviert. Jetzt hat die Bildungsbehörde uns eine Mitteilung über eine Gehaltskürzung zugestellt.

Um wieviel?

Um 100 bis 400 Mark.

Wurde denn unterrichtet?

SchülerInnen in Prüfungsvorbereitung haben wir Unterricht angeboten. Es ging ja nicht um blinden Aktionismus.

Blind hat hingegen die Behörde ihre Briefe geschickt?

Ja. Und, wie ich finde, mit einer gewissen Gemeinheit, nämlich einen Tag vor den Ferien, weil so die Widerspruchsfrist innerhalb der Ferien abläuft und die Lehrer mit ihren Entscheidungen alleine dastehen.

Wer hat denn gepetzt? Der Schulleiter?

Nein! Es war ja kein Streiktag, sondern ein Streichtag. Das gesamte Kollegium war sich einig. Die erhöhte Arbeitszeit ist einfach kontraproduktiv. Wir haben hier unheimlich viele Projekte initiiert. Für die bleibt kaum noch Energie übrig, wenn man nur noch Unterrichtsstunden abrechnet.

Renovieren steht aber nicht auf dem Lehrplan.

Wir haben Arbeiten übernommen, die die Behörde bisher nicht erledigt hat. Dabei wäre es ihre verdammte Pflicht, für ein vernünftiges Unterrichtsumfeld zu sorgen. Und außerdem ist der Grundsatz der Schulautonomie darauf ausgerichtet, daß die Lehrer selbständig für einen funktionierenden Schulbetrieb sorgen.

Wie waren denn die Zustände an der Schule?

Klassenräume sind über 25 Jahre nicht mehr gestrichen worden. Wir haben die Wände abgekratzt und frisch gestrichen. Außerdem haben wir die Sportbereiche wieder instandgesetzt. Wir haben ja nicht einmal mehr Personal, das die Sportgeräte funktionstüchtig hält. Das ist sehr gefährlich.

Sehen Sie die Briefe auch in einem schulpolitischen Zusammenhang?

Natürlich. Wir waren eine der Schulen, die mit ihren Aktionen bundesweit Aufmerksamkeit erregten: Und zwar gerade nicht mit trotziger Besitzstandswahrung. Sondern mit Verantwortungsgefühl. Weil Schule lebendiges Lernen sein muß.

Wie wollen Sie nun auf diese Briefe reagieren?

Wir werden Widerspruch einlegen. Notfalls werden wir auch mit der GEW vor Gericht gehen.

Und wenn der Senat Ihnen dann eine offizielle Abmahnung schickt?

Das hieße, daß jeder und jede eine Entlassungsandrohung bekommt. Wir gehen nicht davon aus, daß er soweit geht. äff

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