Nachgefragt: „Chance für Neues“
■ Die Hochschule soll nach Grohn, sagt der Wirtschaftsprofessor Günther Dey
Das fertige Prognos-Gutachten zum Umzug der Hochschule nach Grohn liegt seit gestern vor. Grund genug für die Bremer Hochschule, die Inhalte nochmals öffentlich zu präsentieren. Denn die Hochschulleitung ist Feuer und Flamme für das Projekt, das die grüne Bürgerschaftsfraktion sowie Teile der SPD skeptisch beäugen. Wir fragten nach bei Wirtschaftsprofessor Günther Dey, der von 1991 bis 1994 Landesschatzmeister der Grünen war. Heute sitzt der Professor der Bremer Hochschule im Bundesfinanzrat der Öko-Partei und befürwortet den Umzug nach Grohn.
taz: Rechnet sich der Umzug nach Grohn, Herr Dey?
Günther Dey, Wirtschaftsprofessor an der Hochschule: Das kommt sehr darauf an, was Sie in die Rechnung miteinbeziehen. Zum einen geht es darum, daß die Hochschule stärker in die Wirtschaft ausstrahlt. Zum anderen geht es darum, daß wir die internationalen Studienangebote weiterentwickeln wollen und ausländische Dozenten und Studierende nach Bremen holen wollen. Der Studienstandort Bremen soll attraktiver gemacht werden.
Ist das nicht eine verteufelt teure Geschichte, die noch dazu auf Kosten der Uni Bremen und der Hochschule Bremen geht?
Geld kostet das alles, und manchem ist auch bange vor den Dimensionen. Trotzdem denke ich, daß die Hochschule mehr Geld braucht, als sie es in der Vergangenheit bekommen hat. Die regionalwirtschaftlichen Aspekte für den vom Vulkan und anderem industriellen Niedergang gebeutelten Bremer Norden, um zusätzliche Impulse zu geben, sind schwer zu rechnen. Das Prognos-Gutachten hat aber gezeigt, daß mit dem Modell des „Science-Parks“die Chance besteht, hier zu helfen und neue Strukturen aufbauen zu können.
Aber liegt die Zukunft der deutschen Hochschullandschaft wirklich in der Campus-Uni?
Wenn mitten in Shanghai eine grüne Lunge ist, wo Studierende leben und arbeiten und auf der Wiese sitzen und diskutieren, dann hat das gegenüber unseren zerstreuten Standorten eine ganz eigene Attraktivität. Wenn man weiß, was Standard ist, wenn Studenten ins Ausland gehen, wenn man weiß, was für ein Umfeld sie erwarten, um interkulturelle Aktivitäten zu entfalten, dann haben wir hier einiges aufzuholen.
Ist die ganze Diskussion dafür da, daß die Hochschule wirklich nach Grohn zieht, oder soll sie nur mehr ins Bewußtsein der Bremer Wissenschaftsinstitutionen gerückt werden?
Der Umzug mit der Umgründung steht eindeutig im Vordergrund. Wenn das andere als Abfallprodukt mitkommt – wunderbar. Aber die Hochschule ist bereits durch die Diskussion mehr ins Bewußtsein gerückt, dieser Effekt ist schon erreicht. Aber damit wird sich die Hochschule nicht zufriedengeben, wir wollen mehr.
Die Grünen sprechen sich verhalten-vorsichtig gegen den Umzug aus. Sind Sie noch bei den Grünen?
Verhalten-vorsichtig? Ich bin im Moment nicht meinungsbildend bei den Grünen, denke ich. Vielleicht sollte ich da noch etwas mehr in die Diskussion eingeben. Die Grünen sind zu Recht skeptisch angesichts der Dimensionen. Wobei man diese 450 Millionen, die immer als Umzugskosten genannt werden, auseinanderrechnen muß. Die Hochschule muß in der Neustadt auch einen Ausbau finanziert bekommen. Da geht eine Summe X weg. Wenn man weiter schaut, wie die Umsiedelung die Infrastruktur für Unternehmensgründungen in Bremen-Nord verbessert, dann geht eine weitere Summe X weg. Dann liegen die Kosten weit unter diesen 450 Millionen.
Fragen: Christoph Dowe
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