Nachgefragt: Finanzamt ruckelt hin und her
■ Warum das Spendenparlament 24.000 Mark Spenden nicht auszahlen darf
Das Bremer Spendenparlament, ein gemeinnütziger Verein zur Unterstützung von armen, isolierten oder benachteiligten Menschen, kann einen Großteil der gesammelten Spenden nicht auszahlen. Grund: Wegen eines Satzungs-Fehlers untersagt das Finanzamt eine Ausschüttung der Gelder an gemeinnützige Initiativen. Unterstützt werden dürften nur Vereine mit dem Zusatz „mildtätig“. Wir sprachen darüber mit der Vorsitzenden der Finanzkommission im Spendenparlament, Sabine Bütow.
taz: Wieviel Geld durften Sie nicht ausschütten?
Sabine Bütow: Von den 36.000 Mark, die wir bis Dezember gesammelt hatten, durften wir nur 12.000 Mark auszahlen.
Und wer wartet nun vergeblich auf sein Geld?
Zum Beispiel das Frauengesundheitszentrum. Oder die Aucoop, die einen Zuschuß von 2.500 Mark für ein neues Nutzfahrzeug kriegen sollte. Außerdem die Selbsthilfegruppe Yes, die eine Nähwerkstatt einrichten wollte und 840 Mark für ein paar gebrauchte Nähmaschinen kriegen sollte.
Sind die jetzt sauer?
Nein, überhaupt nicht. Die gehen alle ganz nett mit uns um und haben als Vereine mit dem Finanzamt ja auch schon die eine oder andere Erfahrung gemacht. Die wissen alle, daß das mit der Gemeinnützigkeit und dem Finanzamt immer erstmal so ein Hin- und Hergeruckel ist.
Ruckelt's in Bremen ganz besonders?
In Bremen schon mehr als woanders.
Bekommen die leidtragenden Vereine noch nachträglich den Mildtätigkeitsstatus?
Der Förderverein für Kinder, die das Cri-du-Chat-Syndrom haben – das ist eine Erbkrankheit –, wird das jetzt versuchen.
Und wer bekam sein Geld?
Zum Beispiel Schattenriß e.V., die ein Infoblatt für Mädchen erstellen wollen, die von sexuellem Mißbrauch betroffen sind. Das AWO-Frauenhaus bekommt 3.000 Mark für einen neuen Teppichfußboden. Und der Verein Tischlein-deck-dich, der Lebensmittel an ältere Menschen verteilt, bekommt Geld für einen neuen Kühlautomaten.
Wer ist denn jetzt eigentlich schuld an diesem Schlamassel?
Da sind zwei Sachen so richtig aufeinandergestoßen. Wir hatten im vergangenen Sommer eine Satzung geschrieben: Da stand drin, daß wir gemeinnützig tätig werden wollten. Vom Finanzamt kam dann der Vorschlag, daß wir doch den Paragraphen 53 mit aufnehmen sollten, also die Mildtätigkeit. Gutgläubig haben wir das auch gemacht. Und das Finanzamt dachte, das wäre für unsere Spender gut, weil die dann mehr Spenden absetzen können. Die hatten nicht verstanden, daß wir auch die gemeinnützigen Vereine unterstützen wollen.
Und warum konnte die Mildtätigkeit dann nicht einfach durch den Gemeinnützigkeits-Paragraphen ergänzt werden?
Wir sind bis in die Spitze des Finanzamtes gegangen, weil wir dachten, es muß doch eine informelle Lösung geben. Das hat es aber nicht gegeben.
Wann kommt die neue Satzung?
Die liegt jetzt dem Finanzamt vor, und wir hoffen, daß wir nach Ostern Grünes Licht bekommen. Fragen: Fritz v. Klinggräff
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