Nachgefragt: Gelöbnis auf dem Bremer Marktplatz?
■ Andreas Windler, JU-Vorsitzender, zu Wahlkampf und Rekruten-Schwüren
Die Junge Union hat erneut ein öffentliches Gelöbnis von Bundeswehrsoldaten auf dem Marktplatz gefordert. Juso-Chef Thomas Ehmke bezeichnete dies als „taktlose Provokation aller KriegsgegnerInnen und AnhängerInnen der Friedensgruppen.“ Die taz fragte den Vorsitzenden der Jungen Union, Andreas Windler, ob der Kosovo-Konflikt jetzt auch für den Wahlkampf herhalten muß.
taz: Der Kosovo-Einsatz ist nicht unumstritten. Ist es sachdienlich, mit einer symbolischen Aktion wie einem öffentlichen Gelöbnis die Emotionen weiter anzuheizen?
Andreas Windler, JU-Vorsitzender Bremen: Die Forderung der Jungen Union ist nicht neu. Wir haben sie schon vor einem dreiviertel Jahr gestellt. Ich habe kurz nach der Bundestagswahl mit SPD-Chef Detlev Albers gesprochen. Er sagte: „Ein öffentliches Gelöbnis? Doch nicht vor der Wahl!“ Als ob das ein plumper Versuch wäre, Stimmen für eine Wahl zu ziehen! Der Bundeswehr kommt eine Funktion zu, wie es in der Vergangenheit nicht der Fall war. In einer solchen Situation ist es uns wichtig, daß die Bevölkerung deutlich hinter der Bundeswehr steht. Darum sehen wir ein öffentliches Gelöbnis nicht als Provokation an.
Will die Junge Union eine Situation heraufbeschwören wie 1980, als es am Weser-Stadion bei einem Gelöbnis zu Ausschreitungen kam?
Wir werden nicht eine Situation wie 1980 bekommen. Uns wird natürlich immer von linken Gruppen vorgeworfen werden, ein solcher Vorschlag sei Provokation – ob nun gerade der Kosovo-Einsatz läuft oder nicht.
Die Gesellschaft ist in der Frage des Kosovo-Einsatzes gespalten. Hilft ein Gelöbnis?
Wir haben unsere Position nicht auf Grund des Kosovo-Einsatzes neu gestellt, sondern sie nur noch einmal bekräftigt.
Warum in diesem Moment eine solche Bekräftigung?
Weil es in unseren Augen viel wichtiger als vor einem dreiviertel Jahr ist, hinter der Bundeswehr und den Wehrpflichtigen zu stehen. Wehrpflicht muß zur Normalität werden.
Stellt man sich hinter Wehrpflichtige, indem man sie dem öffentlichen Disput und Eierwürfen aussetzt?
Es geht um eine grundsätzliche Entscheidung: Möchte man die Wehrpflicht als Teil der Gesellschaft anerkennen, oder möchte man das nicht?
Ein solches Reizthema in der Wahlkampfzeit – da muß man mit Konflikten rechnen.
Natürlich. Es wird immer Menschen geben, die gegen ein solches Gelöbnis marschieren und das als politische Bühne mißbrauchen würden.
Benutzt die JU das Thema nicht als politische Bühne?
Wir haben das Thema jetzt aufgegriffen, weil der Kosovo-Konflikt jetzt hochgekommen ist. Das hat nichts mit der Wahl zu tun.
Fordert die Junge Union eigentlich auch öffentliche Gelöbnisse für Feuerwehrleute und Polizisten?
Ein Vergleich mit der Wehrpflicht hinkt. Jeder junge Mann kommt in die Situation, sich für Bundeswehr oder Zivildienst entscheiden zu müssen, dadurch ist das ganz anders verankert.
Fragen: Christoph Dowe
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