Nachgefragt: Keine Denkverbote
■ Datenschutzbeauftragter Stefan Walz zu der geplanten ISDN-Arzt-Datei
Zwölf Arztpraxen und ein Krankenhaus wollen sich vernetzen: Mit dem „elektronischen Arztbrief“ sollen sich Ärzte untereinander Patientendaten zukommen lassen. Wenn mehrere Ärzte einen Patienten betreuen, wird dadurch die Behandlung optimiert, argumentieren die Ärzte. Wir fragten den Datenschutzbeauftragten Bremens, Stefan Walz, nach Problemen mit der neuen Datenwelt.
taz: In wie weit unterscheidet sich das Bremer Arztnetz von anderen Modellversuchen in der Bundesrepublik?
Stefan Walz: Der bisherige Titel des Bremer Projekts ist „Elektronischer Arztbrief“. Es geht um die Erleichterung der Kommunikation von Patientenunterlagen zwischen Ärzten und Krankenhäusern. Der Begriff „digitale Patientenakte“ würde mehr bedeuten: Das könnte zum Beispiel heißen, dass zentral Patientenkarteien und -dateien aufgebaut werden, auf die dann die verschiedenen Ärzte zugreifen können. So soll das zum Beispiel in Berlin laufen. Bisher wurde das aber in Bremen so nicht besprochen.
Worauf muss ein Datenschutzbeauftragter denn bei einem solchen Projekt achten?
Die wichtigen Forderungen sind: Erstens eine dezentrale Datenhaltung – der Datenaustausch soll ja nur zwischen den behandelnden Ärzten stattfinden. Daten verschiedener Ärzte sollen nicht an einem Ort gesammelt werden. Zweitens eine Autorisierung des Zugriffs für die Nutzer: Die Ärzte könnten zum Beispiel eine von einer Akkreditierungsstelle ausgegebene Chipkarte nutzen, die sie nur zusammen mit der Karte des Patienten verwenden können. Drittens die asymmetrische Verschlüsselung bei der Datenübertragung: Das ist eine Standardforderung, die für alle sensiblen Daten gilt, damit sie nicht für jedermann lesbar sind. Das alles ist in Bremen zugesagt worden.
Wie wird sichergestellt, dass zum Beispiel die Polizei, die gegen einen Drogenabhängigen ermittelt, nicht einfach auf die Daten zugreift?
Die derzeit geltenden rechtlichen Übermittlungsschranken werden ja nicht aufgehoben. Das Arztgeheimnis gilt ja auch gegenüber der Polizei, und das soll sich nicht ändern. Wenn man natürlich eine zentrale Datei aufbaut, könnten Begehrlichkeiten von dritten Stellen geweckt werden. Aber mit einer technischen Möglichkeit kann natürlich keine rechtliche Unzulässigkeit überspielt werden.
Gibt es denn überhaupt eine Notwendigkeit für eine solche Digitalisierung?
Das zu beurteilen, ist nicht meine Aufgabe als Datenschutzbeauftragter. Der elektronische Arztbrief ist eines aus dem Strauß der media§komm-Projekte in Bremen. Bei solchen Projektentwicklungen wird natürlich immer auch darüber nachgedacht, wie perspektivisch weitergemacht werden kann – da gibt es keine Denkverbote. Aber wir haben immer nur die Möglichkeit, solche Projekte zu prüfen, die konkret beschrieben werden.
Fragen: cd
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