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NachgefragtGegen das Präjudiz

■ Für den Stadtwerder müssen erst Bedarfe ermittelt werden

Wilfried Turk ist Präsident der Architektenkammer Bremen. Er berät den Beirat Neustadt zum Thema Stadtwerder-Bebauung.

taz: Herr Turk, Sie wollen keine Empfehlung zur Stadtwerder-Bebauung geben. Haben die Architekten den Gestaltungswillen verloren?

Wilfried Turk: Nein. Für uns steht im Moment überhaupt nicht die Frage nach Qualität oder Nicht-Qualität an. Uns interessiert im Moment nur die zentrale Frage in Sachen Stadtentwicklung: Ob dieser Stadtwerder-Teil bebaut werden soll oder nicht.

Wie können denn verschiedene Bedarfe gegeneinander abgewogen werden?

Das kann man eigentlich nur in einer sehr breit angelegten, gut vorbereiteten öffentlichen Diskussion. Was bislang fehlt, ist die Bedarfsermittlung und die Diskussion über Alternativen. Zum Beispiel der Wohnungsbedarf ist reine Spekulation.

Ist es realistisch, mit hochwertigen Wohnangeboten auf dem Stadtwerder die Abwanderung zu stoppen?

Wie auf dem Teerhof wäre das nur für wohlhabende ältere Leute oder kinderlose junge Leute attraktiv. Die Stadt verlassen aber junge Familien. Dass die dann in freie Fünfzigerjahre-Bungalows nachsickern, wenn sie im Umland billiger neu bauen können, glaube ich nicht.

Ist Bremen der Suburbanisierung schutzlos ausgeliefert?

Nein. Man müsste die Vorzüge, die städtisches Wohnen auch für Familien bietet, viel stärker ins Bewusstsein der Nachfragergruppen rücken. Da fehlt es an Publicity. Es gibt Nachfrage. Das setzt allerdings voraus, dass Schulen und Sportanlagen nicht völlig marode sind.

Die Stadtwerke drohen damit, den Stadtwerder brachliegen zu lassen, wenn es keinen neuen Bebauungsplan im Sinne ihrer Baupläne gibt.

Für mich ist das keine Drohung, sondern ein segensreiches Versprechen. Wenn die Stadt ein bisschen besser bei Kasse wäre, würde ich sagen: Kauft das Gelände – und zwar zum Preis von Gewerbeflächen, abzüglich der Abbruchkosten. Zum gegebenen Zeitpunkt könnte dann über eine geeignete Nutzung frei entschieden werden. Aber abwarten kann man auch so.

Ist die Entscheidung für die Bebauung mit der Abstimmung zwischen Stadtwerken und Senat nicht schon gefallen?

Ich fürchte ja. Ich hoffe nur, dass an den Planaufstellungsbeschluss Bedingungen geknüpft werden, die eine Abwägung in den Trägerverfahren öffentlicher Belange garantieren. Das Gefährliche ist, dass als Zweck der Planaufstellung bereits die Umsetzung des Senatsbeschlusses angegeben ist – also nicht die „Prüfung ob“, sondern die „Bebauung“. Das bedeutet schon ein Präjudiz. Fragen: not

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