Nachgefragt: Gates' Groupies
■ Die Grüne Anja Stahmann über das TIME-Programm, Telekom und Microsoft
Das Landessonderprogramm „Bremen in T.I.M.E.“ soll den Strukturwandel Richtung Multimediastandort fördern – 100 Millionen Mark sind dafür eingeplant. Ein Zehntel ist jetzt verplant: für den Kooperationsvertrag mit der Telekom und mit Microsoft – eine Förderung ohne Inhalt und Ziel, findet die medienpolitische Sprecherin der Grünen, Anja Stahmann.
Was stört die Grünen an den Verträgen zwischen Land einerseits und Telekom sowie Microsoft andererseits?
Anja Stahmann: Diverses. Zum einen, dass der Medienausschuss solche entscheidenden Sachen immer erst im Nachhinein erfährt. Vom Vertrag mit Microsoft habe ich aus der Zeitung erfahren. Das TIME-Programm wird nach und nach verfrühstückt – ohne dass die Parlamentarier darüber beschlossen hätten. Eigentlich sollen mit den Mitteln ja regionale Firmen gefördert werden. Telekom und Microsoft hätten sich ganz normal bewerben können, in einem offenen Prozess.
Aber was das Land zumindest bei der Telekom getan hat, war doch eine Art Werbung von Drittmitteln, eine Verdoppelung des eigenen Einsatzes.
Solche win-win-Gemeinschaften sind ja nicht unüblich, beide haben ihre Interessen. Die Telekom will verkaufen, unter der Floskel, sie wollen helfen. Microsoft nicht minder. Das Land hat auch seine Interessen: Es ist en vogue, sich mit großen Namen zu schmücken. Aber das zeigt nur deutlich, dass Ideen fehlen. Ich glaube, dass der Senat sich verkalkuliert. Es gibt genügend kleine Firmen, die die fünf Millionen für Microsoft bestens brauchen könnten.
Damit kleine Firmen aber überhaupt eine Chance auf Umsetzung ihrer Projekte haben, ist so eine Kooperation – vielleicht als Patenschaft verstanden – doch nicht schlecht?
Aber hiesige Firmen sind doch nicht dümmer. Die bringen doch auch viel Know-How mit und – wenn nötig – auch Kapital. Warum investiert das Land nicht hierein und schreibt das Programm ganz normal aus? Es ist eine Illusion, dass groß gleich gut ist. Bisher ist das TIME-Programm eine Luftblase. Nach dem BAW-Gutachten zum Multimediastandort Bremen hätte der Senat ja erst einmal eine Bestands- und Bedarfsanalyse entwickeln sollen. Noch nicht einmal das ist passiert. Jetzt ist mir auch klar, warum es kein Marketing für das TIME-Programm gibt. Die suchen sich handverlesen ihre Partner aus.
Also bleibt als Parlamentarierin nur das hilflose Zusehen?
Wir fordern immer wieder ein, beteiligt zu werden. Der Ausschuss ist eigentlich dazu da, den Senat fachlich zu beraten und zu kontrollieren. Aber unsere Kompetenzen werden überhaupt nicht eingefordert. Es gibt keine Inhalte, keine Ziele. Es geht nur ums Foto mit Bill Gates.
Fragen: Susanne Gieffers
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