Nachgefragt: CDU im Jagdfieber
„Denunziation liegt mir fern“
Ähnlich wie beim Bürgertelefon gegen Schwarzarbeit, bei dem Menschen andere melden können, die sie im Verdacht haben, schwarz zu arbeiten oder Schwarzarbeiter zu beschäftigen, plädiert der sozialpolitische Sprecher der CDU, Karl Uwe Oppermann, jetzt für ein Bürgertelefon in Sachen Sozialhilfebetrug: BürgerInnen sollen anrufen, wenn sie den Verdacht haben, der Sozialhilfeempfänger nebenan habe noch ein weiteres Einkommen. In Bremerhaven hat Sozialdezernent Wilfried Töpfer (SPD) den CDU-Vorschlag sofort in die Tat umgesetzt.
taz: Wie kommt man auf die Idee, ein solches Bürgertelefon zu wollen?
Karl Uwe Oppermann, sozialpolitischer Sprecher der CDU:
Ich fordere seit Jahren einen Außenermittlungsdienst, den es übrigens in vielen Landkreisen umzu gibt, auch in sozialdemokratischen. In Bremen will die SPD einen solchen Außenermittlungsdienst nicht. Als ich jetzt von dem Bürgertelefon gegen Schwarzarbeit hörte – übrigens eine SPD-Idee – dachte ich, man müsste dann auch eine solche Telefonnummer für Sozialhilfebetrug installieren können. Zumal mich öfter Leute anrufen, die ich dann ans Amt für Soziale Dienste verweise.
Haben Sie Vorstellungen, wieviel Sozialhilfe sich so sparen oder wieder eintreiben ließe?
Nein. Aber aus den Landkreisen, die Außenermittler haben, weiß ich, dass zumindest die Kosten für die Ermittler wieder reinkommen. Und es ist vor allem ein präventiver Ansatz. Die finanzielle Situation in Bremen ist so schlecht, dass wir das Geld denen geben müssen, die darauf angewiesen sind, und versuchen müssen, jede Art von Missbrauch zu vermeiden. Ich will kein Denunziantentum installieren, das liegt mir völlig fern.
Was ist denn das anderes als ein Aufruf zur Denunziation?
Das ist keine Denunziation. Wenn jemand unberechtigterweise Geld mitnimmt, ist das Betrug. Wenn man einen Betrug unterbindet, ist das kein Denunzieren, sondern eine Bürgerpflicht.
Aber es werden doch sicher Menschen anrufen, die nicht aus Bürgerpflicht, sondern aus Bosheit dem verhassten Nachbarn gegenüber handeln. Und sowas könnte dann auch rufschädigend wirken.
Wenn ich meinen Nachbarn schädigen will, muss ich meinen Namen angeben. Anonymen Hinweisen wird nicht nachgegangen. Wenn klar ist, dass anonym nichts läuft, werden sich nur Leute melden, die seriöse Angaben machen.
Sie sehen also kein Risiko, dass wieder Methoden en vogue werden, von denen wir hofften, sie längst hinter uns gelassen zu haben?
Dieses Risiko würde bestehen, wenn man anonyme Anrufe ernst nähme. Dagegen wehre ich mich. Solch einer Meldung dürfte nicht nachgegangen werden. Wenn ein Anruf nicht seriös ist, muss man das Ding einfach in die Tonne treten.
Fragen: Susanne Gieffers
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