Nach taz-Recherche zu Interessenkonflikt: Eberhard Brandes verlässt WWF
Der Druck wurde zu groß. Der unter dem Vorwurf des Machtmissbrauch stehende geschäftsführende Vorstand gibt sein Amt auf.
Zu den Gründen äußert sich der WWF offiziell nicht. Nach taz-Informationen zieht Brandes die Konsequenzen aus den Vorwürfen gegen ihn, die die taz in der vergangenen Woche öffentlich gemacht hatte. Brandes soll im eine Liebesaffäre mit der WWF-Finanzchefin gehabt haben, ohne das seinem Arbeitgeber zu melden. Das hätte er nach internen Richtlinien allerdings wohl tun müssen, um mögliche Interessenskonflikte zu vermeiden.
Der WWF hatte den Compliance-Fall eigentlich als abgeschlossen betrachtet. Nachdem aber zunächst fast alle Leitungen der Fachabteilungen der WWF-Führung per Brief ihr Misstrauen ausgesprochen hatten, zogen in dieser Woche die Mitarbeitenden nach. Nach taz-Informationen unterschrieben 344 von ihnen einen Brief, in dem sie den Stiftungsrat des WWF aufforderten, Brandes von seinen Aufgaben zu entbinden. Das sind mehr als zwei Drittel der Belegschaft. Sie werfen Brandes nicht nur einen intransparenten Umgang mit seinen möglichen Interessenskonflikte durch die Liebesaffäre vor, sondern bemängeln auch, dass er generell eine frauenfeindliche Arbeitsatmosphäre geschaffen habe. Solche Vorwürfe waren in der Vergangenheit schon mehrfach im WWF thematisiert worden.
Der mutmaßliche Interessenskonflikt und Machtmissbrauch in der Chefetage des WWF war durch die Personalchefin der NGO ins Rollen gebracht worden. Sie wurde nach eigenen Angaben durch Zufall auf die Liebesaffäre aufmerksam und zeigte sie intern an, sie wandte sich an den Stiftungsrat und nutzte eine interne Hinweisgeber-Plattform. Daraufhin wurde eine externe Anwaltskanzlei mit einer Untersuchung beauftragt, das Ergebnis ist unter Verschluss. Die Personalchefin klagt zur Zeit vor dem Berliner Arbeitsgericht gegen den WWF. Sie will erstreiten, dass sie den Inhalt des Untersuchungsberichts zu sehen bekommt. Sie gibt an, dass sie als Whistleblowerin von ihren Vorgesetzten im WWF gegängelt und bedroht worden ist. Die Finanzchefin hat den WWF mittlerweile mit einer Abfindung verlassen.
In der Pressemitteilung zu Brandes' Abgang geht der WWF mit keinem Wort auf die Zusammenhänge ein. „Der WWF Deutschland hat in den sechzehn Jahren unter Eberhard Brandes' Führung die Wirkung und Wahrnehmung seiner Aktivitäten erheblich steigern können“, wird Valentin von Massow, Vorsitzender des WWF-Stiftungsrats zitiert. Man werden “unsere Organisation und die Anforderungen an Mitarbeitende und Gremien auch in Zukunft weiterentwickeln“.
Brandes Aufgaben übernimmt der Pressemitteilung zufolge vorübergehend Christoph Heinrich, Vorstand Naturschutz des WWF. Zu welchen Konditionen Brandes aus der NGO ausscheidet, wollte eine WWF-Sprecherin am Freitag auf taz-Anfrage nicht sagen. „Zu Personalangelegenheiten und Details zu Arbeitsverträgen äußern wir uns grundsätzlich nicht in der Öffentlichkeit“, teilte sie schriftlich mit.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Tabubruch der CDU
Einst eine Partei mit Werten
Social-Media-Star im Bundestagswahlkampf
Wie ein Phoenix aus der roten Asche
Mitarbeiter des Monats
Wenn’s gut werden muss
Gerhart Baum ist tot
Die FDP verliert ihr sozialliberales Gewissen
Krieg und Rüstung
Klingelnde Kassen
Jugendliche in Deutschland
Rechtssein zum Dazugehören