Nach entlastendem Geheimdienstbericht: Iran fordert von USA Entschädigung

Iran hat sein Atomwaffenprogramm 2003 gestoppt - mit dieser Aussage setzen US-Geheimdienste Präsident Bush unter Druck. Der sieht sich jedoch bestätigt - genau wie Teheran.

Verlangt Geld von den USA: Irans Präsident Mahmud Ahmadinedschad Bild: dpa

Die 16 US-Geheimdienste haben mit ihrem neuen Iran-Bericht die außenpolitische Orientierung der US-Regierung zum Iran in Frage gestellt. Nach Erkenntnissen dieser Dienste hat Teheran bereits 2003 sein Atomwaffenprogramm gestoppt - laut des Berichts hauptsächlich wegen der zunehmenden internationalen Überwachung und aufgrund des verstärkten internationalen Drucks. Laut Medienberichten lag das Ergebnis des am Montag veröffentlichten Berichtes dem Weißen Haus schon seit Juli vor, doch soll die Administration vor der Veröffentlichung eine weitergehende Überprüfung der Fakten verlangt haben.

US-Präsident Bush hatte Irans Streben nach einer eigenen Atombombe stets als Begründung für eine aggressive Iran-Politik angeführt - bis hin zur Option einer militärischen Intervention. Erst vor wenigen Wochen hatte er sogar davon gesprochen, dass Teheran den "dritten Weltkrieg" auslösen könnte. Bush bemühte sich in einer Erklärung am Dienstag, seine Politik rückblickend in Einklang mit dem aktuellen Bericht zu bringen. "Wir wissen, dass sie ein Atomprogramm hatten, sie haben es gestoppt - um es eventuell wieder zu starten", sagte der Präsident. Das sei Anlass genug, um weiter Druck auf den Iran auszuüben. Die beste Diplomatie dabei sei eine, die "alle Optionen auf dem Tisch lasse", womit Bush durchaus auch Militärschläge meinte.

GENF taz Nach der "Kehrtwende" der US-Geheimdienste bei der Einschätzung des iranischen Atomprogramms ist die Verhängung weiterer UNO-Sanktionen gegen Teheran noch unwahrscheinlicher geworden als zuvor. Zwar dringen die drei westlichen ständigen Mitglieder des UN-Sicherheitsrates, USA, Großbritannien und Frankreich, unterstützt von Deutschland weiterhin auf eine dritte Sanktionsresolution.

Doch die beiden ständigen Ratsmitglieder China und Russland werden dieses Vorhaben "unter keinen Umständen unterstützen", wie UNO-Diplomaten beider Länder am Dienstag deutlich machten. Moskau und Peking sehen sich durch den Bericht der US-Gemeindienste darin bestätigt, dass Iran kein verbotenes militärisches Atomprogramm betreibt. Sollten die drei Westmächte einen Antrag für eine neue Sanktionsresolution einbringen, würden Russland und China dessen Annahme sogar mit einem Veto verhindern.

Dieses Veto-Szenario ist allerdings sehr unwahrscheinlich. Denn auch unter den zehn nichtständigen Mitgliedern des Sicherheitsrates ist die Skepsis gegenüber einer neuen Sanktionsresolution inzwischen so groß, dass ein entsprechender Antrag der drei Westmächte kaum die erforderliche Mehrheit von mindestens 9 Ja-Stimmen finden würde.

Durch den neuen Bericht der US-Geheimdienste "voll bestätigt" fühlt sich auch die Internationale Atomenergie-Organisation (IAEO) in Wien, wie ein Sprecher der Organisation am Dienstag erklärte. Denn bei aller Kritik an Teherans Verstößen gegen Bestimmungen des Atomwaffensperrvertrages in den Jahren 1986 bis 2003 sowie an teilweise immer noch mangelnder Transparenz bei der Offenlegung der Atomaktivitäten hat die IAEO in sämtlichen Iran-Berichten seit 2003 immer festgestellt, es gebe "keine Beweise" für ein verbotenes militärisches Atomprogramm. Auch 2003 gab es nur entsprechende Behauptungen der Bush-Administration.

Entgegen dem Eindruck, den die aktuelle "Kehrtwende" der US-Geheimdienste jetzt vermittelt, verfügten die US-Geheimdienste auch vor vier Jahren über keinerlei Beweise für ein militärisches Atomprogramm in Iran.

ANDREAS ZUMACH

Bush lobte die US-Geheimdienste, die, nachdem sie bei ihren Einschätzungen zum Irak so versagt hätten, nach einer Umstrukturierung nun viel besser und zuverlässiger arbeiten würden als zuvor.

Auf Vorwürfe, er habe die Iran-Gefahr übertrieben, sagte der Präsident, dass er nicht genau wusste, was in dem Bericht stand. Bush beharrte, der Iran bleibe eine Bedrohung, weil das Wissen um die Waffentechnologie dort vorhanden sei. "Meine Meinung hat sich nach dem Bericht nicht geändert, die internationale Gemeinschaft muss gemeinsam gegen den Iran vorgehen", sagte Bush.

Im nationalen Geheimdienstbericht heißt es, die Regierung in Teheran halte sich die Möglichkeit offen, das Atomprogramm wiederaufzunehmen: "Wir wissen nicht, ob der Iran derzeit den Bau von Atomwaffen anstrebt." Die Uran-Anreicherung sowie die Entwicklung von Technologie, die auch für den Bau von Atombomben benutzt werden könne, sei fortgesetzt worden. Irgendwann zwischen 2010 und 2015 werde der Iran wohl die Fähigkeit haben, genug waffenfähiges Uran für den Bau einer Atomwaffe herzustellen.

Der Bericht wurde von den verschiedenen US-Geheimdiensten als gemeinsame Lageeinschätzung erstellt. Mit der Veröffentlichung dürfte es der Bush-Administration nun schwerer fallen, andere Länder von ihrer harten Haltung gegenüber dem Iran zu überzeugen. Die Bush-Regierung plant, wegen des iranischen Atomprogramms eine dritte Sanktionsrunde durchzusetzen. Iran hatte wiederholt erklärt, dass sein Atomprogramm ausschließlich friedlichen Zielen diene.

Der nationale Sicherheitsberater Präsident Bushs, Stephen Hadley, sagte, der Bericht enthalte positive Nachrichten. "Er zeigt, dass wir Recht damit hatten, uns Sorgen um das Streben des Iran nach Atomwaffen zu machen. Er zeigt auch, dass wir Fortschritte damit machen, dies zu verhindern." Die israelische Regierung erklärte dagegen, dass der Iran 2003 sein Atomwaffenprogramm nur vorübergehend eingestellt habe und inzwischen wieder an der Bombe arbeite.

Teheran forderte von den USA umgehend eine Entschädigung. "Die Amerikaner haben großen Druck auf uns ausgeübt und durch ihre unbegründeten Anschuldigungen die Weltmeinung gegen den Iran manipuliert", sagte Regierungssprecher Gholam Hossein Elham der amtlichen Nachrichtenagentur Irna am Dienstag. "Dafür sollten sie bezahlen."

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