Nach der Wahl in Portugal: Rechter Premier braucht Sozialisten
Portugals neuer konservativer Premier Luís Montenegro will eine Minderheitsregierung führen. Bisher stützt ihn nur der Rückhalt des Präsidenten.

Die AD hatte die portugiesische Parlamentswahl am 10. März mit 28,8 Prozent sehr knapp gewonnen. Allerdings verfügt Montenegro nur über 80 der 230 Sitze im Parlament und ist damit weit von der Mehrheit in der Versammlung der Republik entfernt.
Montenegro wird eine Minderheitsregierung führen. Die einzige Alternative dazu wäre eine Koalition mit der rechtsextremen Partei Chega („Genug“). Die Formation rund um den ehemaligen TV-Moderator André Ventura verfügt über 50 Sitze. Doch Ventura will Montenegro nur dann dauerhaft unterstützen, wenn er mit am Kabinettstisch sitzen kann. Montenegro lehnte ein solche formale Koalition bisher strikt ab.
Der Preis: eine Fundamentalopposition der extremen Rechten. Was dies bedeutet, hat schon das Hin und Her bei der Bildung des Parlamentspräsidiums in der vergangenen Woche gezeigt. Diese gelang erst im zweiten Anlauf, nach dem die Sozialisten (PS), die über 78 Sitze verfügen, Montenegro aus der Patsche halfen.
Sozialisten wollen Montenegro nicht dauerhaft stützen
AD und PS einigten sich auf eine Rotation auf dem Posten des Parlamentspräsidenten. Die ersten zwei Jahre gehen an die AD, die kommenden zwei an die PS – wenn es denn überhaupt zu einer vier Jahre andauernden Legislaturperiode kommt. Denn der Chef der Sozialisten, Pedro Nuno Santos, besteht darauf, dass er für eine dauerhafte Unterstützung Montenegros oder gar eine große Koalition nicht zur Verfügung stehen werde.
Der 51-jährige Anwalt Montenegro gehört seit 2002 dem portugiesischen Parlament an. Seit 2022 ist er Vorsitzende der konservativen Sozialdemokratischen Partei (PSD), die den Kern des Bündnisses AD darstellt.
In seinem Kabinett sitzen mehrere erfahrene Politiker aus den Reihen der Konservativen. Außenminister wird der langjährige Europaabgeordnete Paulo Rangel. Das Finanzministerium führt künftig Joaquim Miranda Sarmento, bisher Fraktionschef der PSD. Wirtschaftsminister wird Pedro Reis, früherer Leiter der Behörde für Exportförderung und Auslandsinvestitionen. Sieben der 17 Ministerposten gehen an Frauen, darunter Richterin Margarita Blasco als Innenministerin.
Vor der Vereidigung des Kabinetts von Montenegro findet nicht, wie etwa in Deutschland oder Österreich notwendig, eine Vertrauensabstimmung im Parlament statt. Montenegro wird vereidigt, weil Staatspräsident Marcel Rebelo de Sousa ihn ernannt hat.
Ein Deal ist nicht ausgeschlossen
Wirklich ernst wird es deshalb erst am Donnerstag kommender Woche. Dann muss Montenegro sein Regierungsprogramm im Parlament vorlegen und die dortige Mehrheit hinter sich vereinen. Montenegro erklärte immer wieder, er hoffe, dass ihn die Sozialisten regieren lassen. Diese könnten tatsächlich – im Gegenzug für Sozialmaßnahmen im Regierungsprogramm – einwilligen. Damit wäre der AD-Chef erst mal wirklich im Amt.
Doch dann kommt der Regierungsalltag. Montenegro muss für jede Maßnahme eine eigene Mehrheit verhandeln oder per Dekret regieren. Letzteres ist möglich, aber unterliegt einem Kontrollmechanismus durch das Parlament. Wenn nur 10 der 230 Angeordneten eine Debatte zur Beurteilung der Maßnahme fordern, muss diese stattfinden. Chega hat 50 Abgeordnete und kann dies leicht durchsetzen.
So richtig ernst wird es für Montenegro schließlich mit der Haushaltsdebatte im Herbst. Dann wird er einmal mehr auf die Sozialisten zugehen müssen, will er nicht mit Chega zusammengehen. Einmal mehr könnten soziale Maßnahmen einen solchen Pakt ermöglichen. Sicher ist nur: Montenegro wird mindestens sechs Monate im Amt sein. Denn solange darf Präsident Rebelo de Sousa laut Verfassung keine Neuwahlen ausrufen.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!