Nach der Wahl in Baden-Württemberg: Schwarze wollen grüner werden

Wie verarbeitet die Südwest-CDU ihre Niederlage? Es werden Stimmen nach einem radikalen Kurswechsel laut. Aber die Partei ist in zwei Lager gespalten.

Abgewrackte Südwest-CDU: Manch einer möchte sie jetzt gern vom Kopf auf die Füße stellen. Bild: dapd

"Fukushima" und "Japan" hörte man dieser Tage oft, wenn CDUler im Landtag von Baden-Württemberg beisammenstanden. Doch bei dieser Stichwortanalyse zur Wahlniederlage im eigentlich schwarzen Stammland wird es nicht bleiben. Einige sehen den Stil des Nochministerpräsidenten Stefan Mappus als Ursache. Andere fordern eine grundsätzliche Neuorientierung der Partei.

Erstes Opfer war in dieser Woche Tanja Gönner, Umwelt- und Verkehrsministerin unter Mappus. Sie galt als seine engste Vertraute, als politisches Talent mit großer Zukunft und machte sich während der Schlichtung um das Verkehrsprojekt Stuttgart 21 bundesweit einen Namen. Jetzt versuchte sie einen Durchmarsch im alten Stil von Stefan Mappus: Nach dessen Rückzug als Landesparteichef galt sie als prädestiniert, auf dem kommenden Parteitag am 7. Mai seine Nachfolgerin zu werden.

Diese Woche wollte sie zusätzlich den Fraktionsvorsitz – und unterlag eindeutig Peter Hauk, der den Posten bisher innehatte. Der hatte zuvor gesagt, er könne sich durchaus eine Doppelspitze vorstellen, also eine Trennung von Partei- und Fraktionsvorsitz. Das ist ungewöhnlich bescheiden für die CDU in Baden-Württemberg.

"Die meisten sind eher dafür, die beiden Posten zu trennen. Gönners Vorgehen war aber so ungeschickt, dass ihre Chancen auf den Parteivorsitz nun eher gering sind", sagte einer aus der Parteispitze. Die war so eng mit Mappus, die muss man mit verhaften, sagt ein anderer aus der CDU-Spitze, der ebenfalls anonym bleiben will, und warnt davor, die Partei zu früh wieder auf eine Person einzuschwören. Dahinter stecken auch die traditionell zwei Lager der CDU im Südwesten: Besonders seit Günther Oettinger 2004 seinen Vorgänger Erwin Teufel aus dem Amt des Ministerpräsidenten drängte, gilt sie als gespalten.

Auch wenn Gönner und Hauk nach der Fraktionswahl demonstrativ gemeinsam vor die Presse traten – der Kampf um die Inhalte als Oppositionspartei steht noch am Anfang. "Wir müssen wieder in die städtischen Räume und das Lebensgefühl derer treffen, die meinen, Grün zu wählen sei schick. Dazu müssen wir uns auch ökologisch neu positionieren", sagt ein Führungsmitglied und ergänzt versöhnlich: "Das können sowohl Tanja Gönner als auch Peter Hauk."

Ein anderer spricht von den Fehlern der Partei, auch wenn die Inhalte richtig gewesen seien: Warum sei Japan besonders für die CDU in Baden-Württemberg zum Problem geworden, nicht für die in Rheinland-Pfalz? Dort wurde zeitgleich gewählt, mit respektablem Ergebnis. Der Grund sei, dass man sich im Südwesten in Sachen Atom zum Vorreiter machte: Mappus kaufte den EnBW-Energiekonzern und wollte den vergleichsweise atomskeptischen Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) absägen.

Auch bei Stuttgart 21 sei man falsch vorgegangen, auch wenn das Projekt in der Partei unumstritten ist. "Wir haben jetzt den Grundkonsens, dass wir die Bürger mehr beteiligen müssen. Mit ein paar Infobroschüren wie bei Stuttgart 21 ist es nicht mehr getan", sagt ein Führungsmitglied. Das klingt fast wie bei den Grünen.

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