Nach der Hinrichtung einer Niederländerin: Eiszeit zwischen Den Haag und Teheran
Wegen Drogenhandels ließ der Iran eine Niederländerin iranischer Abstammung am Samstag hinrichten. Die holländische Regierung zeigt sich empört – und friert die diplomatischen Beziehungen ein.
DEN HAAG/TEHERAN dpa | Aus Protest gegen die Hinrichtung einer aus dem Iran stammenden Niederländerin hat Den Haag die diplomatischen Beziehungen zur Teheraner Regierung auf Eis gelegt. Außenminister Uri Rosenthal nannte die Vollstreckung des Todesurteils an der Kritikerin des iranischen Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad am Samstag eine "Schandtat durch ein barbarisches Regime". Teherans Botschafter in den Niederlanden erklärte hingegen, die 46-jährige Sahra Bahrami sei iranische Bürgerin gewesen und nach einem Verfahren gemäß iranischem Gesetz wegen Drogenhandels gehängt worden.
Die Frau war Ende 2009 mit ihrem niederländischen Pass in den Iran gereist und hatte dort an Protesten wegen der umstrittenen Wahlergebnisse teilgenommen. Wenig später wurde sie verhaftet. Ein "Revolutionärer Gerichtshof" habe Bahrami im Januar 2010 "zum Tode verurteilt für den Besitz von 450 Gramm Kokain und der Beteiligung am Verkauf von 150 Gramm Kokain", erklärte die Staatsanwaltschaft. Das rechtskräftige Urteil sei am Samstag vollstreckt worden.
In den Niederlanden sowie international löste die Hinrichtung Empörung aus. Politiker in Den Haag forderten die EU auf, mit verschärften Sanktionen gegen den Iran vorzugehen. Außenminister Rosenthal beklagte, er sei vom Iran hintergangen worden. Dessen Botschafter habe ihm noch am Freitag versichert, es seien noch Rechtsmittel gegen das Todesurteil möglich.
Das Einfrieren der diplomatischen Beziehungen hat unter anderem zur Folge, dass die Bewegungsfreiheit des Botschafters und der anderen Diplomaten des Iran in Holland eingeschränkt wird. Das Außenministerium riet Iranern mit niederländischem Pass dringend von Reisen in ihr Herkunftsland ab.
Die Organisation Iran Comité, die iranische Oppositionelle in den Niederlanden unterstützt, forderte, die Straße in Den Haag, in der sich die Botschaft Teherans befindet, nach Sahra Bahrami zu benennen. "Wenn die Niederlande schon nicht die Hinrichtung verhindern konnten, sollen sie wenigstens auf diese Weise ihren Abscheu zum Ausdruck bringen", sagte Comité-Sprecher Frank van Dalen.
Das iranische Außenministerium hatte sich in der vorigen Woche von den Niederlanden "Einmischungen in die inneren Angelegenheiten" verbeten. Die Behörden in Teheran akzeptieren keine zweite Staatsbürgerschaft. Sie sahen Bahrami allein als Iranerin an und verwehrten konsularische Unterstützung für die Gefangene.
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