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Nach den Wahlen in MadagaskarSuche nach Deeskalation

Präsident Rajoelina hat die Wahlen vom 16. November gewonnen. Die Opposition lehnt das ab und das südliche Afrika fürchtet eine Wahlkrise.

Das Oberste Gericht von Madagaskar hat die Wiederwahl von Präsident Andry Rajoelina bestätigt Foto: Aurelien Morissard/IP3/imago

Antananarivo taz | Kurz vor der erneuten Amtseinführung des wiedergewählten Präsidenten Andry Rajoelina gleicht Madagaskar einer tickenden Zeitbombe. Das Oberste Gericht des Inselstaates bestätigte Rajoelina am vergangenen Freitag zum Gewinner der Präsidentschaftswahl vom 16. November mit 59 Prozent – eine Wahl, die fast die gesamte Opposition allerdings in letzter Minute boykottiert hatte. Nun steht die Frage im Raum, ob ein erneuter Machtkampf Madagaskar in eine Krise stürzen wird, die die Aufmerksamkeit der Regionalorganisation SADC (Entwicklungsgemeinschaft des Südlichen Africa) erfordert.

„Die Entscheidung des Volkes ist heilig“, erklärte der 49-jährige Rajoelina nach seinem Wahlsieg. „Die Massen haben mir das Vertrauen geschenkt, Madagaskar für weitere fünf Jahre zu führen.“

Der jüngste Staatschef des südliches Afrika hat ein Glaubwürdigkeitsproblem. Zehn Oppositionskandidaten, die zwar zur Wahl angetreten waren aber sie dann boykottierten,haben erklärt, das Wahlergebnis nicht anzuerkennen. Sie wollen weitere Proteste organisieren, die bereits in den vergangenen Monaten insbesondere in der Hauptstadt den Wahlkampf dominiert hatten.

„Das Potential für Zusammenstöße ist hoch“, warnt ein Sicherheitsexperte. Es werde eine erhöhte Präsenz der Sicherheitskräfte in den großen Städten und entlang der wichtigsten Straßen geben, insbesondere an Regierungsgebäuden in Antanarivo. Vor den Wahlen gab es bereits vermehrt Straßensperren und Durchsuchungen von Fahrzeugen und Passanten. Auch Reiseeschränkungen am internationalen Flughafen Ivato sind möglich, ebenso Ausgangssperren und Internetsperren.

Zweifelhafte Wahlprozesse in diversen Ländern

Die Anspannung ist eine weitere Krise für das südliche Afrika, wo sich schlecht organisierte und umstrittene Wahlen häufen und wo es darüber immer öfter Streit zwischen der Regionalorganisation SADC und den einzelnen Regierungen gibt.

Bei den Wahlen in Simbabwe im August führte harte Kritik der von Sambia geführten SADC-Beobachtermission zu einer diplomatischen Konfrontation zwischen den beiden Nachbarländern, der andauernde Spannungen nach sich gezogen hat. Mosambik steckt in einer Wahlkrise nach massiven Fälschungsvorwürfen der Opposition bei den Regionalwahlen. Fragen richten sich auch an die Parlamentswahlen im September in Eswatini, wo der König absolut regiert und politische Parteien seit 50 Jahren verboten sind.

Wohl um noch mehr Streit zu vermeiden, hat die SADC-Wahbeobachtermission in Madagaskar (SEOM) gesagt, sie werde „zum jetzigen Zeitpunkt keine umfassenden und abschließenden Empfehlungen oder Bewertungen der Wahl abgeben“. Das ist auch nicht gerade eine Bestätigung der Wahl, vermeidet aber offene Kritik.

Im Einzelnen hatten die 62 SEOM-Beobachter zuvor allerdings detaillierte Bedenken am Wahlprozess geäußert. Sie wiesen auf Kritik an der Rechtmäßigkeit der Kandidatur Präsident Rajoelinas hin, nachdem dieser die französische Staatsbürgerschaft erwarb, ebenso auf Zweiufel an der Glaubwürdigkeit des Wahlregisters, das viel zu wenig jugendliche Wähler enthalte. Wahlmaterialien seien in manchen Gegenden auf Motorrädern und Fahrrädern ohne Eskorte transportiert und in ungesicherten Orten gelagert worden. Die Wahlkommission CENI sei unterfinanziert gewesen.

SEOM-Chef Lazarous Kapambwe sagte, man werde den Wahlprozess weiterhin aktiv begleiten und stehe zur Hilfe zur Verfügung. „Im Falle von Streit über die Wahlen ruft die Mission alle beteiligten Parteien dazu auf, ihre Angelegenheiten auf dem etablierten Rechtsweg zu klären,“ sagte der Diplomat aus Sambia.

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