Nach dem Tsunami in Indonesien: Die Lage ist „ein Alptraum“
Nach dem Tsunami versuchen die Retter weiterhin Überlebende zu finden. Die Region Donggala ist noch immer von der Außenwelt abgeschnitten.
Sorge bereitete den Helfern zunehmend die 300.000-Einwohner-Region Donggala, die auch vier Tage nach dem Unglück immer noch weitgehend von der Außenwelt abgeschnitten war. Vereinzelte Berichte deuteten daraufhin, dass das Gebiet „extrem hart“ betroffen sein dürfte. Wegen zahlreicher Plünderungen griff die Angst vor einer wachsenden Gesetzlosigkeit um sich. Die Zahl der Toten stieg offiziell auf 1234. Doch es wurden Hunderte, wenn nicht gar Tausende weitere Opfer befürchtet.
Mehr als 65.000 Häuser seien beschädigt worden, sagte ein Behördensprecher. 60.000 Menschen seien obdachlos geworden und auf Nothilfe angewiesen. Die gelangte wegen zerstörter Straßen, eingestürzter Brücken und Erdrutschen jedoch nur schleppend zu den Bedürftigen.
Ein Video aus Donggala, das die staatliche Nachrichtenagentur Antara verbreitete, zeigte Bilder der Verwüstung. Häuser waren dem Erdboden gleichgemacht. Ein Schiff steckte in Hafengebäuden, in die es offenbar von den teilweise sechs Meter hohen Tsunami-Wellen am Freitag geschleudert worden war. „Wir brauchen Essen, Wasser, Medikamente. Aber bis jetzt haben wir nichts“, sagte ein Mann, der zwischen Ruinen stand.
Präsident schickt mehr Polizei und Soldaten
Präsident Joko Widodo wies sein Kabinett an, sich zuerst um Evakuierungen zu kümmern und nach Überlebenden zu suchen. Gleichzeitig ließ er mehr Polizisten und Soldaten in das Katastrophengebiet schicken, in dem insgesamt etwa 1,4 Millionen leben. Hilfsgüter sollen auch eingeflogen werden. Die Bundesregierung stellte als Soforthilfe 1,5 Millionen Euro zur Verfügung. Auch andere Länder haben Unterstützung angeboten.
Doch auf den Straßen der stark betroffenen Stadt Palu kam davon zunächst nur wenig an. Auch die Stromversorgung war noch unterbrochen. Überlebende schienen immer mehr zu verzweifeln. Ein Team der Nachrichtenagentur Reuters beobachtete, wie etwa 100 Menschen ein Geschäft plünderten. Sie schrien und rangen miteinander um Kleidungsstücke, Hygieneartikel, Decken und Wasser. Viele Menschen griffen sich Windeln.
Lebensunwichtige Dinge lagen auf dem Fußboden verteilt zwischen Glasscherben. Mindestens 20 Polizisten waren vor Ort, griffen jedoch nicht ein. Die Regierung hat versucht, Ängste vor Plünderungen herunterzuspielen und erklärt, Katastrophenopfer dürften sich wichtige Dinge nehmen. Die Unternehmer würden später entschädigt.
Am Rande Palus wurden derweil 54 Leichen in einem Massengrab begraben. Einige Hinterbliebene standen am Rand der 50 Meter breiten Grube. „Es ist okay, wenn er in dem Massengrab begraben wird. Es ist besser, ihn schnell zu begraben“, sagte eine 52-Jährige, deren Mann unter den Opfern war und deren Tochter vermisst wird. In der Luft hing der Gestank verwesender Leichen.
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