Nach Vorrundenaus für Nigeria: Team suspendiert, Verband aufgelöst
Nigerias Präsident hat nach dem schlechten Abschneiden bei der Fußball-WM Fußballverband und Nationalmannschaft aufgelöst. Der Fußballverband gilt als chaotisch und korrupt.
BERLIN taz | Nach dem Vorrundenaus für Nigerias Fußballnationalmannschaft "Super Eagles" bei der WM hat Nigerias Präsident durchgegriffen. Am Mittwoch verfügte Staatschef Goodluck Jonathan die sofortige Auflösung der Mannschaft sowie des nigerianischen Fußballbundes NFF, den Rückzug aus allen Fifa-Turnieren für zwei Jahre und eine Buchprüfung.
Am Vortag hatte die Polizei die NFF-Zentrale in der Hauptstadt Abuja gestürmt und Akten beschlagnahmt. Die Büros wurden gestern von der Polizei geschlossen und versiegelt. Der NFF gilt als notorisch chaotisch und korrupt. Vergangenes Jahr waren 326.000 US-Dollar aus den NFF-Büros spurlos verschwunden.
Der Chef von Nigerias "Premier League" (NPL), Davidson Owumi, begrüßte die Auflösung der NFF: "Gott steht auf der Seite der Unterdrückten", jubelte er in der Zeitung Guardian. NFF-Chef Lulu hatte zuvor versucht, Owumis Wahl zum Ligachef annullieren zu lassen. Auch mehrere nigerianische Fußballstars nannten Jonathans Schritt überfällig.
Ein Kommentator der Zeitung Vanguard führte die Krise des nigerianischen Fußballs gestern auf regionale und tribale Rivalitäten zurück. Im NFF-Vorstand hätten der Norden, die Mitte und der Südwesten Nigerias zusammen die Mehrheit und würden sich regelmäßig gegen den Süden und Südosten durchsetzen, wo aber die meisten guten Spieler und Trainer des Landes herkämen, so Jimmy Salvage. 2010 und bereits 2002 sei der Trainer, der Nigeria durch die WM-Qualifikation geführt hatte, beide Male vor der WM ausgewechselt worden, und beide Male sei das Team dann im Turnier gescheitert.
Sowohl Staatspräsident Jonathan als auch der Chef der "präsidialen WM-Task Force", Rotimi Amaechi, kommen aus Nigerias ölreichem Süden. Amaechi ist Gouverneur des Bundesstaates Rivers; Jonathan war bis 2007 Gouverneur des Nachbarstaates Bayelsa. Die durch Jonathans Aufstieg an die Staatsspitze 2009 eingeleitete Machtverschiebung Richtung Süden sorgt für verschärfte politische Rivalitäten in Nigeria vor den nächsten Wahlen 2011, und diese erreichen jetzt auch den Fußball. Gestern forderte das vom Norden Nigerias dominierte Parlament den Staatschef auf, seinen Beschluss zurückzunehmen.
Die Fifa-Statuten verbieten politische Einmischung in nationalen Fußballverbänden. Darauf wies auch ein Fifa-Sprecher in Johannesburg in Reaktion auf die Nachricht aus Nigeria hin. Eine förmliche Fifa-Reaktion, die bis zu Nigerias Ausschluss aus dem Weltverband gehen könnte, wird es erst nach direkten Gesprächen geben. Zunächst allerdings wird Nigeria nicht an den U-20- und U-17-Frauenfußballmeisterschaften teilnehmen, die demnächst in Deutschland und Trinidad & Tobago stattfinden. Im September beginnt außerdem die Qualifikation für den Afrika-Cup 2012.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!