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Nach Röttgens AusrutscherSeid Menschen! Macht Fehler!

Wenn wir Politikern wie Norbert Röttgen nicht mehr gestatten sich zu verplappern, reden bald alle wie Merkel-Rhetorik-Automaten. Das sollten auch die Piraten wissen.

Rhetorik-Automat Röttgen wird demnächst noch sehr viel mehr auf seine Rhetorik achten. Bild: dapd

Was wollen wir eigentlich? Wie soll er sein, der gute Politiker? Ein glatter Rhetorik-Automat, der perfekt austarierte Statements ausspuckt? Oder doch lieber ein Mensch, der hin und wieder Fehler macht, sich verplappert, schwitzt, danebengreift?

Am Dienstag hatte Norbert Röttgen, Spitzenkandidat der CDU in Nordrhein-Westfalen, einen folgenschweren Auftritt im ZDF. Eigentlich ist Röttgen ein Mann der ersten Kategorie. Typ Rhetorik-Automat. Das werfen ihm viele vor. Im ZDF hat er nun einen Fehler gemacht, sich verplappert, danebengegriffen. Das werfen ihm jetzt viele vor.

„Bedauerlicherweise“ entscheide nicht nur die CDU darüber, ob er Ministerpräsident in NRW werde, sondern der Wähler, sagte Röttgen. Auf Nachfrage des Moderators nahm er die Bemerkung zurück. Eine Dummheit war das. Ein Black-out, ein Aussetzer, wie ihn viele erleben, wenn sie aufgeregt sind.

Eigentlich stand der Ausrutscher für das, was die Piraten von Politikern fordern: Seid Menschen! Macht Fehler! Redet nicht so allwissend daher! Nun sind es auch Piraten, die sich per Twitter über Röttgen empören oder lustig machen.

Kein Wunder, lebt die Piratenpartei doch vom pauschalen Ressentiment gegen „die da oben“, die etablierte Politik – sie geben das ungern zu. Sie zehren von einem Gefühl, das in der gesamten Bevölkerung vorherrscht, vom Bauarbeiter bis zur Professorenwitwe: Politiker sind schlecht. Dabei steht dieses Gefühl eher für die Denkfaulheit der Bürger als für die tatsächliche Qualität der Berufspolitiker.

Die Empörung über Röttgens Patzer wird die Angst der Politik vor ihrer Sprache mehren, sie wird dazu führen, dass irgendwann alle wie Angela Merkel reden. Und das kann niemand wollen. Nur jene, die davon profitieren.

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12 Kommentare

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  • I
    immerweiterindiediktatur

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    Hier haben die Politiker noch was für den dummen Wähler, der aber langsam einiges begreift:

     

    Bau einer Stadt zum Training der Aufstandsbekämpfung durch Sonderkommandos der Bundeswehr

     

    Soll schon 6 Jahre ! geplant sein und 100 Mio kosten.

     

    http://www.radio-utopie.de/2012/05/11/bau-einer-stadt-auf-sechs-quadratkilometer-zum-training-der-aufstandsbekampfung-durch-militar/

     

    Tja, wenn man das Volk immer mehr unterdrückt und terrorisiert , muss man auch den Folgen begegnen. Die entsprechenden Gesetze sind ja schon so gut wie alle in trockenen Tüchern.

     

     

    Macht euch schon mal gedanken zum Thema flächendeckende Streiks, evtl Generalstreik? und Gewährleistung der Menschen von Versorgung mit Lebensmitteln.

     

    Das wäre noch eine eventuelle Möglichkeit. Wir werden die kriminellecBande (welt/europaweit) nicht los, ohne dass es weh tut.

    = mal eigene Interessen + Bequemlichkeit zB fürs allgemeine Wohl zurückstellen und sich gesellschaftlich vernetzen und engagieren.

     

    Mit dem Gedanken kann sich der Mensch in seiner jeweiligen Komfortzone vielleicht mal rechtzeitig befassen.

     

    Die menschliche Natur wartet eher so lange , bis es ans Hungern etc geht. Und das wissen die. Und dann gehts richtig rund. Das wäre mit rechtzeitigem Bewustsein und Handeln evtl noch zu vermeiden.

     

    Frei nach Seehofer:

    Wer entscheidet ist nicht gewählt - wer gewählt ist, entscheidet nichts.

     

     

    Soll das so weiter gehen?

  • R
    ruhrgeorg

    Liebe taz,

     

    geht ihr jetzt zum Lachen über CDU-Politiker in den Keller?

     

    Ihr denkfauler Leser

  • S
    Seb

    Das war kein "Verplapperer", sondern ein waschechter "Freud´scher Versprecher". Nicht wahr?

  • T
    Tuzie

    Ihren K10.05.2012 17:48 Uhr

    von Fredolski:ommentar hier eingeben

    Schließe mich disem Kommentar an..von Fredolski an..

    Ich denke auch, dass es ein Freudscher Versprecher war und die ganze Art der Auftritte der letzten Wochen lassen leider darauf schließen, dass er es so meinte, wie er es sagte...leider....

  • T
    tazitus

    Es plappert der Röttgen am rauschenden Bach.

    Klipp klapp

    Er soll das doch lassen, denn was kommt danach?

    Klipp klapp.

    Gewähr ich Befreiung vom Plapperverbot.

    dann wird es gefährlich, dann lach ich mit tot.

    Klipp klapp, klipp klapp, klipp klapp

  • A
    Alex

    Er hat sich nicht versprochen. Er wahr nur aus Versehen ehrlich.

  • J
    jugen

    was meint Ihr mit "verplappert"?

     

    der hat doch keine Buchstaben oder Worte verwechselt, nicht genuschelt oder gestottert. Sondern "ganz aus Versehen" gesagt - was er wirklich denkt.

     

    Ne klassische freudsche Fehlleistung...

     

    Dass die Taz uns jetzt Glauben machen will, wir sollten doch tolerieren, wenn Politikern mal aus Versehen die Wahrheit rausrutscht - naja, kann sich ja jeder selbst Gedanken machen was man von Politikern und Medien eigentlich zu Erwarten hätte - in einer echten Demokratie...

     

    Wes Brot ich ess, des Lied ich Sing...

    gilt mittlerweile auch für die Taz...

     

    schade eigentlich.

  • M
    Marvin

    Hä?

     

    Es geht doch voll nicht darum bei dieser Sache.

    Herr Röttgen ist aufgeregt und labert Müll, weil es sich um ein Rechtfertigungsproblem handelt.

     

    Ministerpräsident*innen von NRW werden nicht direkt in ihr Amt gewählt. Deswegen kandidiert Norbert Röttgen für ein Abgeordnetenmandat im Landtag.

     

    Was er aber (vielleicht) möchte, ist Ministerpräsident werden. Und jetzt muss er sich halt irgendeine krude Theorie ausdenken, die erklärt, warum er nicht erklärt, ob er auch als Nicht-Ministerpräsident sein mögliches NRW-Abgeordnetenmandat warnehmen wird - welches er vermutlich auch als Ministerpräsident nicht unbedingt als solches wahrnehmen würde, weil er dann ja damit beschäftigt sein würde Ministerpräsident zu sein.

     

    Das Fazit daraus:

     

    Lassen wir das pseudolustige Aufeinanderrumgehacke innerhalb bürokratischem Wahl-Bla-Bla.

     

    Schreiben & Diskutieren wir über Inhalte:

     

    Eine Schule für Alle - ja (Linke, Pirat*innen) oder nein (CDU, Grüne, FDP, Pro NRW, SPD, NPD) ?

     

    Geld für Jugendzentren ja oder nein?

     

    Demokratie in Unis & Schulen ja oder nein?

     

    Inhalte! Nicht Landesmütter, Currywürste & Mutti-Söhne!

  • R
    reblek

    Röttgen hat doch nur Recht. Aus seiner Sicht ist es "bedauerlich", dass ihn die CDU nicht einfach zum Ministerpräsidenten machen kann. Und was hat er mit dieser Äußerung eingestanden? Dass er nicht damit rechnet, eine Mehrheit zu bekommen. Worin also liegt sein "Fehler"?

  • F
    Fredolski

    liebe TAZ, ihr habt es geschafft, mein erster Leserbrief in meinem Leben:

     

    Der Grund ist diese Zeile:

    "Dabei steht dieses Gefühl eher für die Denkfaulheit der Bürger als für die tatsächliche Qualität der Berufspolitiker. "

     

    - Die tatsächliche Qualität der Politiker sieht doch in der Tat erschreckend aus (vgl. Plagiatsaffäre, Grüne zogen in den Krieg, Kommunal-Politiker lassen sich Public-Private-Partnership aufschwatzen usw.usf.)

     

    ...und Röttgens Versprecher war ein freudscher!!!

    Herr Röttgen findet es doch wirklich bedauerlich, dass die Wähler wählen dürfen. Das war nicht einfach ein Versprecher, sondern endlich mal eine ehrliche Aussage.

     

    Dass ich mir von Ihnen Denkfaulheit unterstellen lassen muss, weil ich mich über die da oben ärgere und/oder lustig mache ist einfach falsch. Das eine hat nichts mit dem anderen zu tun.

  • D
    deviant

    "Verplappert" hat er sich doch eigentlich erst dadurch, dass er es zurückgenommen hat, weil er damit sagt: "Ich denke tatsächlich, dass es bedauerlich ist, dass der Wähler entscheidet, weiß aber, dass man das nicht sagen darf."

     

    Eine offensivere Reaktion dergestalt, dass er klar stellt: "Für meine Karriereplanung ist es bedauerlich, dass es die Unsicherheiten von freien Wahlen gibt", wäre sicherlich die bessere Antwort gewesen.

     

     

    Andererseits habe ich die ganze "Aufregung" nur am Rande überhaupt wahrgenommen und es hat mich nicht im Mindesten interessiert, weil das wieder so ein Medienhoax ist, mit dem unterbezahlte Schreiberlinge das Abendessen bezahlen und Zeitungen, die darüber jammern, dass niemand für ihre Inhalte bezahlt, ihre Zeilen füllen.

    Dass der ein oder andere politische Hinterbänkler auf den Zug aufspringt, ist dem Aufmerksamkeitsdefizit der Parlamente geschuldet, die dem "Triumulierat" von Friede Springer, Liz Mohn und Angela Merkel einfach nichts entgegen setzen können - man könnte es auch peinlich nennen, wenn es nicht so gefährlich wäre.

  • W
    Wähler

    Ja und nein.

    Immerhin ist der Satz, dass der (dumme) Wähler bedauerlicherweise anders entscheiden könnte als Herr Röttgen das gerne hätte doch schon sehr entlarvend.

    Es ist doch sehr bedauerlich für solche Menschen, dass wir in etwas leben, dass sich Demokratie nennt und nicht mehr in hochherrschaftlichen Zeiten wo politische Ämter noch vererbt wurden.