Brandanschlag auf SPD-Politiker in Thüringen

Michael Müller hatte eine Demo gegen rechts organisiert. Nun wurde sein Haus attackiert

Von Konrad Litschko

Michael Müller ist auch am Dienstag noch geschockt. „Das ist so eine Grenzüberschreitung, dass hier Menschenleben aufs Spiel gesetzt wurden.“ Er sei früher durch Afghanistan gereist, ohne Angst. Nun aber habe er Angst, in seinem eigenen Haus zu schlafen, sagt der Thüringer SPD-Lokalpolitiker aus Waltershausen (Landkreis Gotha) der taz. „Das ist so erschreckend.“

In der Nacht zu Montag, gegen 3.20 Uhr, hatten Unbekannte den Briefkasten an Müllers Holzblockhaus angezündet. Die Flammen griffen auf die Fassade am Eingangsbereich über. Fotos zeigen, wie diese schwarz verkohlt ist. Auch Müllers Auto wurde angezündet und zerstört. Laut Polizei entstand ein Sachschaden von 13.000 Euro.

Der Mittvierziger war in der Nacht selbst nicht zu Hause, aber eine Familie mit Kindern sei zu Besuch gewesen. Diese waren rechtzeitig wach geworden, hatten sich in Sicherheit gebracht und die Feuerwehr gerufen. „Das war einfach nur Glück“, sagt Müller. „Ein paar Minuten später wäre es ein Vollbrand gewesen. Ich will mir nicht vorstellen, was dann passiert wäre.“

Die Polizei erklärte, zu dem Brand werde ermittelt, und bat um Hinweise. Täter und Motiv bleiben damit vorerst unbekannt. Allerdings: Müller war zuvor als Organisator des lokalen Anti-rechts-Protests aktiv. Am 2. Februar waren auch in Waltershausen 200 Menschen „für Demokratie und gegen Faschismus“ auf die Straße gegangen. Müller hatte den Protest im Namen der örtlichen SPD angemeldet. „Rassismus, Ausgrenzung und Hass haben in unserer Gesellschaft keinen Platz“, hatte er im Vorfeld erklärt.

Er habe nach der Demonstration keine direkten Bedrohungen erhalten, sagte Müller der taz. Trotzdem vermute er einen Zusammenhang. „Ich weiß nicht, was der Hintergrund für die Brandstiftung war. Aber ich kann mir keinen anderen als einen politischen vorstellen.“

Andere teilen diesen Verdacht. Konkrete Hinweise auf ein politisches Motiv gebe es noch nicht, sagte Thüringens Innenminister Georg Maier (SPD) am Dienstag der taz. „Allerdings liegt der Verdacht nahe, da der Betroffene zuletzt sehr aktiv als Organisator der Demokratiedemo in Erscheinung getreten ist.“

Zudem habe es zeitgleich Angriffe auf SPD-Büros in Suhl gegeben, wo Scheiben eingeworfen wurden. Der Brand in Waltershausen hätte „in einer Katastrophe enden können“, erklärte Maier. „Wir setzen alles daran, den Täter zu ermitteln.“ Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) sprach von einer „unfassbaren Tat“. Eine Brandstiftung bedeute „den Tod von Menschen herbeizuführen oder billigend in Kauf zu nehmen“. Die Familie habe seine Solidarität.

„Es werden rote Linien überschritten. Gewalt wird gezielt als politisches Mittel eingesetzt“

Georg Maier (SPD), Innenminister Thüringen

Auch andere Protestierende gegen Rechtsextremismus hatten zuletzt über Bedrohungen berichtet, etwa im sächsischen Grimma oder Dippoldiswalde. In Thüringen reiht sich der Brandanschlag in eine Reihe von Angriffen auf Par­tei­po­li­ti­ke­r*in­nen. In Bleicherode wurden am Montag Hakenkreuze an das Wahlkreisbüro der Linken-Landtagspräsidentin Birgit Pommer geschmiert.

Ministerpräsident Ramelow beklagte die immer heftigere Verrohung. Demokraten müssten nun zusammenstehen. Innenminister Maier sprach von einer „Verrohung, die nicht mehr im Verborgenen, sondern ganz offen“ stattfinde. „Es werden rote Linien überschritten. Gewalt wird gezielt als politisches Mittel eingesetzt.“ Dem werde man nicht tatenlos zusehen, kündigte Maier an. Neben intensiven Ermittlungen werde man gefährdeten Personen Schutz anbieten.

SPD-Mann Michael Müller sei nun verunsichert. Eigentlich wollte er im Mai für die SPD bei der Stadtratswahl antreten, sagte er. „Nun gerät man noch mal ins Überlegen. Das ist schlimm. Denn eigentlich will ich mich nicht unterkriegen lassen.“