Nach Mord an einem Georgier in Berlin: Verdacht gegen Moskau

Die Bundesanwaltschaft übernimmt die Ermittlungen. Das Auswärtige Amt weist russische Diplomaten aus. Moskau will „Vergeltung“.

Polizist steht vor einem Faltpavillion, im Hintergrund Männer mit weissen Anzügen

Nach dem Mord an einem Tschetschenen in Berlin suchen die Beamten nach Spuren am Tatort Foto: Christoph Soeder/dpa

BERLIN taz | Die Bundesanwaltschaft vermutet den russischen Staat hinter dem Mord an einem Georgier, der im August in Berlin getötet wurde. Die Behörde teilte am Mittwoch mit, es gebe „zureichende tatsächliche Anhaltspunkte“ dafür, dass die Tat „entweder im Auftrag von staatlichen Stellen der Russischen Föderation oder solchen der Autonomen Tschetschenischen Republik“ erfolgt sei. Daher hat die Bundesanwaltschaft das Ermittlungsverfahren übernommen.

Das Auswärtige Amt kündigte aufgrund der Entwicklung an, zwei russische Botschaftsmitarbeiter auszuweisen. Die russischen Behörden hätten bisher „trotz wiederholter hochrangiger und nachdrücklicher Aufforderungen“ nicht an der Aufklärung des Falls mitgewirkt. Weitere Schritte behalte sich die Bundesregierung „im Licht der Ermittlungen“ vor.

Am 23. August wurde ein Georgier, der als Kommandant im Tschetschenienkrieg gegen Russland gekämpft hatte, in einem Berliner Park erschossen. Noch am gleichen Tag wurde ein russischer Tatverdächtiger festgenommen. Sein Pass war laut Bundesanwaltschaft auf den Namen Vadim S. ausgestellt.

Die Behörde vermutet aber, dass es sich in Wahrheit um einen Mann namens Vadim K. handelt. Ab 2014 habe die russische Polizei mit Fotos nach dieser Person gesucht – wegen eines Mordes in Moskau. Im Juli 2015 hätten die russischen Ermittler dann die entsprechende Fahndungsmitteilung gelöscht. Zwei Monate später sei erstmals ein russischer Reisepass auf Vadim S. ausgestellt worden.

Im Auftrag einer Briefkastenfirma

Bevor der Tatverdächtige im August 2019 in die EU einreiste, musste er ein Schengen-Visum beantragt. Dem Antrag fügte er eine Arbeitgeberbescheinigung bei, die ein Unternehmen namens „ZAO RUST“ ausgestellt hatte. Die Bundesanwaltschaft vermutet offenbar, dass es sich um eine Briefkastenfirma handelt. Die angegeben Faxnummer der Firma laufe auf das russische Verteidigungsministerium zurück.

Agenturen zufolge bezeichnete ein Sprecher des russischen Außenministeriums die Ausweisung der beiden Botschaftsmitarbeiter als „unfreundlich und grundlos“. Man sei gezwungen, „eine Reihe von Vergeltungsmaßnahmen zu ergreifen.“ Die deutsche Seite politisiere die Ermittlungen.

Da Botschaftsmitarbeiter diplomatische Immunität genießen und nicht vor Gericht gestellt werden können, ist eine Ausweisung die härtest mögliche Strafmaßnahme gegen einzelne Diplomaten. Die gleiche Maßnahme hatte das Auswärtige Amt schon gegen vietnamesische Diplomaten verhängt, nachdem diese die Entführung eines Vietnamesen in Berlin organisiert haben sollen. Die bilateralen Beziehungen waren zwischenzeitlich beschädigt.

Das gilt jetzt auch für die ohnehin belasteten Beziehungen zu Russland. Auswirken könnte sich das unter anderem auf den für Montag geplanten Ukraine-Gipfel mit Merkel und Putin in Paris.

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