Nach Kündigung: Neonazi will nicht gehen
Der NPD-Vize will nichts von einer Kündigung gegen seinen Laden in Schöneweide wissen. Vermieter kündigt Klage an.
Normalerweise steht die Tür des noch nicht offiziell eröffneten Neonazi-Ladens "Hexogen" in der Brückenstraße in Schöneweide tagsüber sperrangelweit auf. Im Türraum versammeln sich Männer und Frauen aus der Berliner Naziszene. Sie bestücken Regale mit Rucksäcken und Hosen oder halten einen Schwatz. Noch vor seiner Eröffnung hat sich der Laden als Treffpunkt der rechten Szene etabliert. Sebastian Schmidtke, stellvertretender NPD-Landeschef und Verbindungsmann zu der Kameradschaftsszene, hat ihn angemietet. Auch Angehörige der verbotenen Kameradschaft "Frontbann 24" wurden hier gesichtet. Am Montag jedoch war der Laden geschlossen - bis zu diesem Zeitpunkt sollte er geräumt werden. So hatte es Vermieter Axel Kaufmann verfügt. "Der von uns beauftragte Rechtsanwalt hat uns bestätigt, dass Herr Schmidtke die fristlose Kündigung mit Aufforderung zur unverzüglichen Räumung bis spätestens zum 18.07.2011 am 11.07.2011 erhalten hat", teilte er der taz schriftlich mit. Kaufmann fühlt sich getäuscht.
Der Mietvertrag lautet auf "Textilien und Gebrauchtwaren". In einer Anzeige auf der Website der Nazi-Kneipe "Zum Henker", die in unmittelbarer Nachbarschaft liegt, ist jedoch davon die Rede, dass im Laden "alles für den Aktivisten" zu haben ist. Gemeint ist wohl: für Aktivisten der rechten Szene. Der Vermieter weiter: "Sollte nicht geräumt werden, werden wir die Erhebung einer Räumungsklage veranlassen." Darauf wird es nun wohl hinauslaufen. Denn wie Mieter Schmidtke die taz wissen ließ, sehe er keinen Anlass zum Räumen: "Ich habe keine Kündigung erhalten." Im Juni hatte er noch behauptet, gar nicht Mieter des Ladens zu sein.
Wenn Schmidtke nicht räumt, bleibt dem Vermieter der Weg zum Amtsgericht. Wegen der Überlastung der Gerichte kann es jedoch Monate dauern, bis über die Räumungsklage entschieden ist und der Gerichtsvollzieher seine Arbeit tun kann. Bis dahin hat Schmidtke viel Zeit, um mit seinem Laden Geld zu verdienen. Für einen Naziladen gibt es in Berlin keinen besseren Ort als Schöneweide. Laut Verfassungsschutzbericht hat vor allem die Kneipe "Zum Henker" eine "hohe Symbolkraft für die gesamte rechtsextremistische Szene Berlins". Allerdings gehe die Netzwerkfunktion der Kneipe zurück. Sie sei nicht mehr überregional, sondern hauptsächlich für die Berliner Ostbezirke und das angrenzende Brandenburg bedeutsam.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
Nach der Gewalt in Amsterdam
Eine Stadt in Aufruhr
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
+++ Nachrichten im Nahost-Krieg +++
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu und Hamas-Anführer
Die Wahrheit
Der erste Schnee
Krise der Linke
Drei Silberlocken für ein Halleluja