Nach Klage: Aufschub für Knaack-Club
Im Knaack-Club darf zunächst weiter gefeiert werden. Die Suche nach Ausweichquartieren liegt auf Eis. Doch der Streit zwischen Club, Baufirma und Bezirk ist nicht geklärt. Ein zweites Verfahren läuft.
Der Knaack-Club in Prenzlauer Berg darf bleiben - vorerst. Die 13. Kammer des Berliner Verwaltungsgerichts hat in einem Eilverfahren zunächst für den Club entschieden und gegen die Nutzer eines angrenzenden Wohngebäudes.
Der Konflikt, der zu dem Rechtsstreit führte, begann im Jahr 2005. Die damalige Eigentümerin des angrenzenden Grundstücks erhielt eine Genehmigung, um das darauf befindliche Bürogebäude in ein Wohnhaus umzubauen. Die Baugenehmigung sah nach Angaben des Verwaltungsgerichts keinen Hinweis auf den benachbarten Clubbetrieb und daher auch keinerlei Lärmschutzauflagen vor. Nach dem Umbau beschwerten sich die ersten eingezogenen Bewohner über den Lärm.
Nun entschied das Verwaltungsgericht: Nicht nur, wer mit seinem Bau Störungen verursacht, verstößt gegen das "baurechtliche Rücksichtnahmegebot". Auch, wer ein "schutzbedürftiges Vorhaben" wie ein Wohngebäude errichte, sei "zur Rücksichtnahme" verpflichtet. Der Umbau zum Wohngebäude sei daher als rücksichtlos anzusehen. "Das ist eine Entscheidung zugunsten einer lebendigen, jungen Szene", sagt der Pankower Bezirksstadtrat und Leiter der Abteilung Öffentliche Ordnung, Jens-Holger Kirchner (Grüne). Er hatte in der Vergangenheit gemeinsam mit den Clubbetreibern nach Ausweichquartieren gesucht. Man habe in der vergangenen Woche eines in einem Nebenflügel der Max-Schmeling-Halle gefunden, für das auch die Betreiber sich hätten begeistern können, sagt Kirchner. Doch mit der jetzigen Entscheidung sei ein Umzug zunächst nach hinten gerückt - auch wenn das Urteil noch nicht rechtskräftig ist.
In einem zweiten Verfahren steht eine Entscheidung aus. Hier geht es um den Lautstärkepegel, den der Club verursacht. Nach den ersten Beschwerden der Bewohner kam das Gesundheitsamt zur Lärmpegelmessung vorbei. Das Ergebnis: Die Musik ist zu laut. Daraufhin schloss der Betreiber nach eigenen Angaben zwei Etagen, sagte Konzerte ab, drehte auch probeweise die Musik leiser - und berichtete von Umsatzeinbußen von 50 Prozent.
Der Konflikt zwischen Club, Baufirma und Bezirk ist somit keinesfalls gelöst. Neben der Frage, ob das Knaack bleiben kann, stehen Schadensersatzklagen aus. Denn ungeklärt ist bislang, wer daran schuld ist, dass der Umbau ohne die notwendigen Lärmschutzmaßnahmen stattfand. Kirchner macht die Architekten dafür verantwortlich - betont allerdings, dass es sich dabei um seine persönliche Meinung handele. Doch genauso steht der Bezirk in der Kritik, schließlich hat er in der Baugenehmigung keinen Hinweis auf den Club und die damit verbundene Lautstärke gegeben.
Kirchner hofft auf eine "Signalwirkung" des Urteils. Denn nicht nur die Entscheidung in der Hauptsache steht aus. Auch der Kreuzberger Club SO36 ist in einen Rechtsstreit in Sachen Lärm verwickelt. In dem Konflikt hatte zuletzt der Vermieter dem Betreiber gekündigt, derzeit befinden sich nach Angaben des SO36 beide Seiten in Verhandlungen. (Az.: VG 13 L 219:09)
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