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Nach Irrfahrt von Flüchtlingsschiff„Aquarius“ kommt in Spanien an

Das Rettungsschiff „Aquarius“ hat den Hafen von Valencia erreicht. Dort standen 2.320 Helfer bereit, um die Menschen aufzunehmen, darunter 470 Dolmetscher.

Die Aquarius am Sonntag im Hafen von Valencia Foto: reuters

Valencia afp | Nach tagelanger Irrfahrt über das Mittelmeer ist das Flüchtlingsschiff „Aquarius“ in Spanien angekommen. Die „Aquarius“ und das erste ihrer zwei Begleitschiffe legten am Sonntag im Hafen der Stadt Valencia an. Die „Aquarius“ und die beiden italienischen Marineschiffe hatten insgesamt 630 Flüchtlinge an Bord.

Italien und Malta hatten sich geweigert, die „Aquarius“ anlegen zu lassen, und damit eine neue Krise in der EU-Flüchtlingspolitik ausgelöst. Schließlich hatte sich Spanien bereit erklärt, die Menschen ins Land zu lassen.

Zuerst traf am Sonntagmorgen das italienische Marineschiff „Dattilo“ in Valencia ein. Es hatte nach Angaben des Roten Kreuzes 247 Flüchtlinge an Bord. Als das Schiff am Hafen anlegte, war an Bord Applaus zu hören. Zunächst gingen Ärzte mit Schutzanzügen auf das Schiff, um die Flüchtlinge untersuchen.

Gut vier Stunden später traf dann auch die „Aquarius“ in Valencia ein. Das italienische Marineschiff „Orione“ soll nach Schätzungen der spanischen Behörden gegen Mittag folgen.

Die Flüchtlinge waren vor einer Woche bei verschiedenen Rettungsaktionen vor der libyschen Küste von der französischen Hilfsorganisation SOS Méditerranée aufgenommen worden. Die Flüchtlinge kamen nach Angaben von Ärzte ohne Grenzen aus 26 Ländern, darunter neben afrikanischen Ländern auch Afghanistan, Pakistan und Bangladesch.

In Valencia standen 2.320 Helfer bereit, um die Menschen aufzunehmen, darunter 470 Dolmetscher. Am Hafen wurde ein riesiges Plakat mit der Aufschrift „Willkommen zu Hause“ in mehreren Sprachen aufgehängt, darunter Katalanisch und Arabisch. Auch viele freiwillige Helfer kamen zum Hafen. „Die Leute melden sich für alles: Sie wollen übersetzen oder bieten eine Unterkunft an“, sagte der Künstler Johnson Tamayo, der als Freiwilliger beim Roten Kreuz arbeitet.

Mögliche Weiterreise nach Frankreich

Wie die spanische Regierung am Samstag bestätigte, soll ein Teil der Flüchtlinge von der „Aquarius“ nach Frankreich weiterreisen, sofern sie das wollen und die Voraussetzungen für Asyl erfüllen. Frankreich hatte Italiens Weigerung scharf kritisiert, das Hilfsschiff einlaufen zu lassen. Präsident Emmanuel Macron hatte Rom „Zynismus und Verantwortungslosigkeit“ vorgeworfen.

Italiens Innenminister Matteo Salvini hatte am Samstag seine Ankündigung bekräftigt, Flüchtlings-Hilfsschiffe von Nichtregierungsorganisationen künftig abzuweisen. Die NGOs sollten wissen, „dass Italien nicht länger Komplize beim Geschäft mit der illegalen Einwanderung sein will“, schrieb der Politiker der fremdenfeindlichen Lega-Partei auf Facebook. NGO-Schiffe sollten sich andere Häfen außerhalb Italiens suchen. Er habe diese Entscheidung „als Minister und als Vater zum Wohle aller“ getroffen, erklärte Salvini.

Der Innenminister äußerte sich konkret zu zwei Hilfsschiffen: Die beiden Schiffe „Seefuchs“ und „Lifeline“ warteten vor der libyschen Küste auf ihre „menschliche Fracht, die von den Schleppern zurückgelassen wird“. Beide Schiffe werden von deutschen Seenotrettern berieben: Die „Seefuchs“ ist ein Rettungsschiff der Regensburger Hilfsorganisation Sea-Eye, die „Lifeline“ wird von der Dresdner Organisation Mission Lifeline betrieben.

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2 Kommentare

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  • Es hat ja keiner ein Problem damit Menschen aus (selbstverschuldeter) Seenot zu retten. Aber muß man sie dann übers ganze Mittelmeer schippern ? Das ist der Streitpunkt.

  • 8G
    82236 (Profil gelöscht)

    Vive Valencia..die/der JournalistIn sollte einer/m Valenciana/o nie sagen, dass sie/er Katalan spricht, Valencianisch ist eine eigene Sprache, also etwa wie Holländisch und Flämisch.

    Es ist auch immer wieder erstaunlich, dass Macron immer noch als grosser Humanist gefeiert wird, trotz des restiktiven und heissumstrittenen Asylgesetzes und der Massenzurückweisungen an der französisch itlienischen Grenze. Denn wer diesen Artikel liest und die Zusammenhänge nicht kennt, könnte denken, dass Macron mit seinem Angebot, Flüchtlinge der Aquarius aufzunehmen grosszügig handelt und mit seiner Kritik an der italienischen Regierung auf einer hohen moralischen Stufe steht. Das Gegenteil ist der Fall. Die Aquarius ist ein Schiff der französischen Hlifsorganisation SOS Méditéranée. Macron hätte also sofort nachdem die italienische Regierung die Häfen dicht gemacht hatte, die französischen Häfen öffnen sollen. Hat er aber nicht. Die korsische Regionalversammlung hatte das Angebot gemacht, die Aquarius in Ajaccio anlegen zu lassen. Paris hat mit Schweigen regiert. Der spanische Ministerpräsident Sanchez ist in die Bresche gesprungen. Der französische Aussenminister hat auf Anfragen, warum nicht eher Ajaccio als Valencia geantwortet, Valencia liege näher an der Position der Aquarius als Ajaccio. Das hat in Frankreich auf Seiten der Linken ein Entrüstungssturm ausgelöst. Valencia liegt 700 Seermeilen von der Position der Aquarius entfernt und Ajaccio 500. Die ganze Woche über wurde die französische Regietung in die Zange genommen, auch aus der En Marche-Bewegung wurden harte Kritiken laut. Bis endlich der Premierminister nachträglich unter dem Druck der Öffentlichkeit bekanntgab, dass Frankreich doch einige Flüchtlinge aufnehmen wird. Ein klägliches Manöver, dass nur die täuschen kann, die die Ereignisse nicht in ihrer ganzen Bandbreite mitverfolgt haben.