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Nach HausdurchsuchungEdathy attackiert Staatsanwaltschaft

Nicht rechtsstaatlich: Der SPD-Politiker Sebastian Edathy kritisiert die Ermittlungen. Die Staatsanwaltschaft weist die Vorwürfe zurück.

Und nun? Sebastian Edathy wehrt sich. Bild: dpa

BERLIN dpa/taz | Der SPD-Innenpolitiker Sebastian Edathy hat die gegen ihn gerichteten Vorwürfe scharf kritisiert und als gegenstandslos bezeichnet. „Nach mir vorliegenden Informationen wirft mir die Staatsanwaltschaft ausdrücklich kein strafbares Verhalten vor“, sagte Edathy am Mittwoch Spiegel Online.

Nach einer Hausdurchsuchung war Edathy bereits am Dienstag dem Verdacht auf Besitz von Kinderpornografie entgegengetreten. Die Staatsanwaltschaft Hannover ermittelt gegen den 44-Jährigen.

„Die Durchsuchungen waren nicht nur unverhältnismäßig, sondern stehen im Widerspruch zu rechtsstaatlichen Grundsätzen“, sagte der am Wochenende nach 15 Jahren aus dem Bundestag ausgeschiedene Politiker am Mittwoch. „Ich hoffe, dass die Staatsanwaltschaft demnächst einräumt, dass die Vorwürfe gegenstandslos sind.“

Die zuständige Staatsanwaltschaft Hannover weist die Kritik zurück. „Die Ermittlungen werden sehr sorgfältig und mit Bedacht geführt“, sagte Sprecherin Kathrin Söfker der taz. Sie verwies auch auf einen richterlichen Durchsuchungsbeschluss, der einen Anfangsverdacht gegen Edathy bejaht habe. „Ich kann keine Verfehlungen erkennen“, sagte Söfker.

Am Montag hatten Ermittler Wohnungen und Büros Edathys in Niedersachsen und Berlin durchsucht. Gründe für den Einsatz nennt die Staatsanwaltschaft bisher nicht. Nach taz-Informationen stecken dahinter aber bereits länger andauernde, international geführte Ermittlungen des BKA zu kinderpornografischen Internetseiten. Dabei sollen die Ermittler auf Verbindungsdaten Edathys gestoßen sein. Nach Medienberichten kamen die Informationen von der kanadischen Polizei.

Der SPD-Politiker hatte am Dienstag die Vorwürfe zurückgewiesen. „Die öffentliche Behauptung, ich befände mich im Besitz kinderpornografischer Schriften bzw. hätte mir diese verschafft, ist unwahr“, schrieb er auf seiner Facebook-Seite. Nach Angaben aus SPD-Kreisen hält er sich derzeit in Dänemark auf. Die SPD-Fraktion mahnte angesichts der völlig unklaren Gemengelage eine schnelle, umfassende und genaue Aufklärung an.

Edathy hatte sich vor allem als Vorsitzender des Bundestags- Untersuchungsausschusses zu den Pannen bei den Ermittlungen zur rechtsextremen NSU-Mordserie Ansehen erworben. 2005 bis 2009 leitete er den Innenausschuss. Bei der Wahl 2013 gewann er den Kreis Nienburg II/Schaumburg in Niedersachsen mit 44,6 Prozent der Erststimmen.

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17 Kommentare

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  • B
    Überlegenswert

    Ihr blöden Verschwörungstheoretiker. Wenn das ehemalige MdB Edathy Rechner entfernt und eine (oder mehrere) Festplatten vor einer Durchsuchung zerstört, dann ist das noch kein Beweis aber ein starkes Indiz. Wenn diese Zerstörung noch mit einem diffusen Hinweis auf sensible Daten im Zusammenhang mit dem NSU-Prozess erklärt werden soll, sollten alle Alarmlampen angehen. Herr Edathy wollte also sensible NSU-Daten vor der Staatsanwaltschaft verstecken, die ohnehin Zugriff auf alle Daten hat.....abstrus

  • DE
    Der Eisbrecher

    Das ganze hat ein deutsches

    "Geheimdienst Gschmäckle"

    Dem BND pinkelt man nicht so einfach ans Bein?

    (NSU etc.)

  • "Allein die Tatsache, dass eine strafrechtliche Relevanz im derzeitigen Stand der Ermittlungen noch nicht feststeht, zeigt das Versagen der Ermittlungsbehörde." ... und wenn wieder ein Kind an Mishandlungen stirbt, weil das Jugendamt die 'Anzeichen' ignorierte, und die Eltern/das Elternhaus nicht überprüfte oder besuchte ? ... dann werden wieder Stimmen laut: 'warum hat das Niemanden interessiert'.

  • G
    Gast

    Ein seltsamer Fall, welcher zu Spekulation gradezu auffordert. Das Problem ist einfach, dass hier vor Abschluß der Ermittlungen, ja sogar letztlich vor Beginn der Ermittlungen, Informationen durchgestoßen worden sind.

    Das Verdacht an sich ist geeignet, jeden der davon betroffen wäre, dermaßen in Mißkredit zu bringen, dass er erstmal gesellschaftlich erledigt ist.

    Besonderes Geschmäckle bekommt dies, wenn hier insbesondere die Lokalpresse nicht nur zur Hausdurchsuchung geladen ist, sondern auch noch an Fotos der geschützen Räumlichkeiten gelangt. Der Eindruck, dass der Beschuldigte, gezielt im direkten sozialem Umfeld diskreditiert werden soll, springt einem gradezu ins Gesicht.

    Dazu kommt der besondere Vorwurf (Kindesmißbrauch, Kinderpornographie) eine Straftat, die wie man politisch unkorrekt sagen darf, auf der untersten sittlichen Stufe steht und daher auch bei den meisten Menschen, auch bei mir, erstmal das Gefühl auslöst: 'Was für ein widerliches Schw...'

    Der wahre Skandal, völlig unabhängig davon, was letztlich die Ermittlungen bringen, hier sind durch ein Inkontinezproblem der Ermittlungsbehörden Fakten geschaffen worden, die geeignet sind einen Menschen gesellschaftlich zu erledigen. Allein die Tatsache, dass eine strafrechtliche Relevanz im derzeitigen Stand der Ermittlungen noch nicht feststeht, zeigt das Versagen der Ermittlungsbehörde. Dies darf, völlig unabhängig davon, ob Herr Edathy letztlich schuldig oder unschuldig ist, nicht geduldet werden, denn es ist ein weiterer Schritt zur Auflösung des Rechtsstaates!

    Es mag schwer fallen für einen mutmäßlichen Kinderpornosammler Partei zu ergreifen, aber es darf nicht vom Vorwurf, der erhoben wird abhängen, ob man für das Rechtsstaatprinzip des fairen Verfahren eintritt.

  • ... zum Ende letzten Jahres wird er 'komisch', Anfang des Jahres steckt er seinen Mitarbeitern, sie sollen sich nach einem neuen Job umsehen, verfaßt in der TAZ einen wirren Neujahrsartikel, Freitag gibt er sein Mandat ab, und begibt sich ins Ausland - und Montag dann Hausdurchsuchung ... wenn der Mann weißer Unionspolitiker wäre, dann wär (hier) schon die Hölle los. Spekulationen Ja, haltlos Nein.

  • "Dabei sollen die Ermittler auf Verbindungsdaten Edathys gestoßen sein." Da bei DSL die IP dynamisch vergeben wird, muß der Internet Provider von Hr. Edathy auf sein Vorratsdatenspeicherung zurückgreifen, um die IP Adressen zum gegebenen Zeitpunkt (Tag, Uhrzeit) Hr. Edathy zuordnen zu können. Bei Torrent Vergehen reicht es nachzuweisen, das zu *einem* Zeitpunkt von einer bestimmten IP aus ein Film angeboten wurde - hier hört es sich so an, als wäre Hr. Edathy 'Stammgast' gewesen über einen längeren Zeitraum ... Ende letzten Jahres hat er dann mitbekommen, das immer mehr sites/User hochgenommen wurden (ich schätz Mal, das diese Leute gut vernetzt sind), und hat dann seinen Abgang vorbereitet - aber wenn er schon seit Monaten bescheid weiß, dann werden die wohl keine verdächtigen Sachen auf seinen Rechnern finden ...

    • 8G
      889 (Profil gelöscht)
      @c0ma:

      haltlose Spekulationen

  • F
    framon82

    @VULKANSTURM: Natürlich nicht; für

    mich wirkt diese ganze "Ermittlung" wie eine einzige große Farce...jemand ist in seiner aufklärerischen Tätigkeit dabei, gröbste Fehler und Unzulänglichkeiten aufzudecken, die bestimmten, einflussreichen Leuten mächtig auf den Schlips treten - für diese Fälle gibt es dann, wie man nun wieder sieht, die "Killer-Methode" schlechthin...wer zuviel herausfinden könnte, wird systematsich mundtot gemacht...

  • Aha. Es geht also auch ohne Vorratsdatenspeicherung..

  • 8G
    889 (Profil gelöscht)

    „Die Ermittlungen werden sehr sorgfältig und mit Bedacht geführt“

     

    Dann hat man die Lokalpresse mit Bedacht mitgebracht?

  • Glaubt irgendjemand wirklich, dass ein Politiker, der sich als Vorsitzender des NSU-Ausschusses mit dem Verfassungsschutz anlegt, so blöd und naiv sein kann, von einem seiner Computer Kinderpornos auch nur zu streamen. Der Mann weiß doch nur zu gut, wozu die Geheimdienste fähig sind.

    • G
      Gast140212
      @vulkansturm:

      "Glaubt irgendjemand wirklich, dass ein Politiker, der sich als Vorsitzender des NSU-Ausschusses mit dem Verfassungsschutz anlegt, so blöd und naiv sein kann, von einem seiner Computer Kinderpornos auch nur zu streamen."

       

      Leider: Ja.

  • SW
    Snowden wusste es

    Es wäre ja schon ausgesprochen blöd in der Öffentlichkeit alles zu dementieren, wenn er nicht von seiner Unschuld selbst überzeugt wäre. Damit wäre der Rest an Glaubwürdigkeit verloren.

    Deshalb glaube ich, dass man ihm etwas unterjubeln wird. Ein paar Bildchen sind schnell auf den Computer geschleust oder ein paar Schniefbeutel Cocain unter die Matratze gesteckt.

    Dass da was faul ist, sieht man doch schon daran, dass ein Lokalreporter mit bei der Razzia sein durfte.

    Das hat's ja vorher nicht mal bei wirklich wichtigen und öffentlichen Personen gegeben ...

     

    Aber Snowden hatte das ja alles schon enthüllt, wie man Leute wirksam aus dem Weg räumt.

    Aus den USA und UK (und aus Deutschland) durfte der geheimnisvolle "Hinweis" auf Kinderpornos ja nicht kommen. Wie gut, dass man da noch Kanada als Vasallenstaat hat ....

  • A
    Ali

    Erstaunliche Wendung. Mein Gefühl - Gefühl, ich kann mich irren, sagt mir, dass Sebastian Edathy unschuldig ist. Ich bin sehr gespannt auf die Ergebnisse der Ermittlungen.

  • MD
    Martin D.

    womöglich geht es um den besitz von nacktbildern von 14- bis 17-jährigen, das ist keine KP und nicht strafbar. aber trotzdem für einen politker gegenüber der öffentlichkeit problematisch. deshalb könnte edathy nicht konkreter werden. die staatsanwaltschaft wiederum erhoffte sich vielleicht, durch die hausdurchsuchung doch noch strafbares material zu finden. ein solches vorgehen ist natürlich unerhört und gleicht einem rufmord.

    • G
      gasthh
      @Martin D.:

      also wenn man bei einem erwachsenen mann nacktbilder von kindern findet, dann ist es ja wohl angebracht mal nachzuschauen, ob da noch "härteres Material" vorhanden ist.

  • T
    Telefon

    Tja, könnte es sein, dass er im NSU Ausschuss zu vielen Leute auf die Füsse getreten hat und jetzt abgerechnet wird?