Nach Grünen-Parteitag: Stimmen für und gegen "Merkel-Murks"
Kleiner Beschluss, große Differenzen: Der CDU-Generalsekretär begrüßt die Zustimmung der Grünen zum Atomausstieg. Ein anderer Politiker wirft den Grünen Verrat an eigenen Zielen vor.
BERLIN afp | CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe hat die Zustimmung der Grünen zum Atomausstiegsgesetz der Bundesregierung auf ihrem Sonderparteitag in Berlin begrüßt. "Natürlich freue ich mich", sagte Gröhe der B.Z. am Sonntag. Doch der Stresstest für die Grünen komme erst noch.
"Beim Bau neuer Netze oder neuer effizienter Gaskraftwerke wird sich zeigen, ob die Grünen bereit sind, auch unpopuläre, aber notwendige Maßnahmen beim Umstieg in eine neue Energieversorgung mitzutragen - oder ob sie vor Ort weiter den Protest schüren und damit ihr parteipolitisches Süppchen kochen", sagte Gröhe.
Der Fraktionsvorsitzende der Linken im Bundestag, Gregor Gysi, warf dagegen den Grünen Verrat an ihren eigenen Zielen vor. Technisch machbar wäre die Abschaltung schon 2014 oder, wie die Grünen meinen, 2017, sagte Gysi. Indem die Grünen dem von der Regierung geplanten Ausstieg bis 2022 zustimmen, wollten sie sich als koalitionsfähig für die Union erweisen, nähmen damit aber eine längere Laufzeit in Kauf. Außerdem hätten die Grünen auf die Aufnahme des Verbots der Nutzung des Atomstroms ins Grundgesetz bestehen müssen, sagte Gysi. Ein "sinnloses darum Bitten" bringe nichts.
Der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion, Thomas Oppermann, begrüßte die Entscheidung der Grünen zum Atomausstieg. Es habe sich "letztlich doch noch die Vernunft durchgesetzt. Das war eine Feuertaufe für die Regierungsfähigkeit der Grünen", sagte der SPD-Politiker der Leipziger Volkszeitung. Zugleich kündigte er für den Fall eines Regierungswechsels 2013 eine rot-grüne Offensive zur Förderung der erneuerbaren Energien an. "Die Vorlagen der Bundesregierung zur Förderung der Erneuerbaren Energien sind nicht befriedigend", sagte Oppermann.
Trotz des klaren Ja auf dem Grünen-Parteitag am Samstag will deren Abgeordneter Hermann E. Ott am kommenden Donnerstag im Bundestag mit Nein stimmen. "Wenn so ein Ding hochgeht, sind wir mit schuld", sagte Ott zur Begründung der Leipziger Volkszeitung. Zudem würden die Grünen angesichts der klaren Mehrheitsverhältnisse im Bundestag gar nicht gebraucht. Deshalb gelte für ihn: "Meine Stimme gibt es nicht für den Merkel-Murks." Christian Ströbele dagegen kündigte an, sich erst am Donnerstag entscheiden zu wollen, wie er abstimmt, da noch Verhandlungsgespräche angekündigt worden seien.
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