Nach Friedensnobelpreis für Dissidenten: Protest gegen Hausarrest in China
Die Frau des Friedensnobelpreisträgers, Liu Xia, kritisiert die Regierung. Ein Treffen mit zwei norwegischen Diplomaten wird ihr nicht gestattet.
PEKING afp | Die Frau des inhaftierten diesjährigen Friedensnobelpreisträgers Liu Xiaobo hat Chinas Regierung scharf kritisiert. "Ich protestiere energisch gegen die Regierung und gegen meinen illegalen Hausarrest", schrieb Liu Xia am Mittwoch in dem Kurzbotschaftendienst Twitter.
Ihre Situation sei "sehr schwer zu ertragen", schrieb Liu weiter. Sie steht praktisch seit der Ankündigung des norwegischen Nobel-Komitees am vergangenen Freitag, ihrem Mann den Preis zuzuerkennen, unter Beobachtung. Nur am Wochenende durfte sie unter Begleitung von Polizisten das Haus für längere Zeit verlassen, um Liu Xiaobo im Gefängnis zu besuchen und ihn über den Preis zu informieren.
Der Dissident wurde im Dezember 2009 wegen Untergrabung der Staatsgewalt zu elf Jahren Haft verurteilt, nachdem er sich an der Verfassung und Verbreitung der "Charta 08", eines Aufrufs zu politischen Reformen in China, beteiligt hatte.
Liu wurde zudem ein Treffen mit zwei norwegischen Diplomaten verwehrt. "Gestern sind norwegische Diplomaten zu mir gekommen, um mir ihre Unterstützung zu übermitteln", schrieb Liu Xia am Mittwoch über Twitter. Das Internetportal ist praktisch ihr einziges Kommunikationsmittel. "Aber sie wurden am Haupttor gestoppt." Die norwegische Botschaft in Peking bestätigte den Vorfall.
Die Polizei in Peking wollte sich auf Anfrage nicht zu Lius Situation äußern. Polizisten verweigern Journalisten zudem noch immer den Zutritt zu Lius Domizil. Die Maßnahmen dürften Teil einer breiteren Kampagne in China sein, über den Friedensnobelpreis für den Dissidenten weitgehend zu schweigen. Peking hatte auch nach der Bekanntgabe des Preisträgers dieses Ereignis in den Medien im Großen und Ganzen ignoriert.
Aus Protest gegen die in China weit verbreitete Zensur und Medienkontrolle sollen frühere ranghohe Mitglieder der Kommunistischen Partei und ehemalige Medienvertreter im Internet einen offenen Brief veröffentlicht haben.
In der Schrift, die schon kurz nach ihrem Erscheinen von sämtlichen Portalen und Diskussionsforen gelöscht wurde, forderte die Gruppe die Regierung zu politischen Reformen auf. "Wenn sich die Partei nicht selbst reformiert, wenn sie sich nicht wandelt, verliert sie ihre Lebendigkeit und stirbt eines natürlichen Todes", hieß es darin. Die 23 Unterzeichner kritisierten vor allem die fehlende Meinungsfreiheit in China und forderten ein Ende der Zensur.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Debatte um SPD-Kanzlerkandidatur
Schwielowsee an der Copacabana
BSW und „Freie Sachsen“
Görlitzer Querfront gemeinsam für Putin
Urteil nach Tötung eines Geflüchteten
Gericht findet mal wieder keine Beweise für Rassismus
Papst äußert sich zu Gaza
Scharfe Worte aus Rom
Unterwanderung der Bauernproteste
Alles, was rechts ist
Außenministertreffen in Brüssel
„Europa spricht nicht die Sprache der Macht“