Nach Friedensappell von Wissenschaftlern: Anklage gegen türkische Akademiker
Türkischen Intellektuellen, die einen Friedensappell unterzeichneten, droht Anklage wegen Terrorverdachts. Auch in Deutschland lebende Akademiker sind betroffen.
In der Anklageschrift heißt es dem Bericht zufolge, der „sogenannte Friedens-Aufruf“ trage „den Charakter der offenen Propaganda für die Terrororganisation PKK“. Der zuständige Oberstaatsanwalt in Istanbul werfe den Unterzeichnern vor, sie hätten zum Ziel gehabt, den türkischen Staat als „illegitime, zerstörende Kraft“ und als „verbrecherisch“ darzustellen sowie Gewalt durch die Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) zu legitimieren, heißt es weiter.
Laut türkischem Gesetz drohen Strafen von bis zu siebeneinhalb Jahren Haft für Terror-Propaganda. Fragen von NDR, WDR und „SZ“ zu den Vorwürfen und dem weiteren Vorgehen habe die Istanbuler Staatsanwaltschaft nicht beantwortet, heißt es in dem Bericht.
In dem Appell hatten insgesamt 1.128 Akademiker das harte Vorgehen der türkischen Sicherheitskräfte in türkischen Kurdengebieten Ende 2015 als „Vernichtungs- und Vertreibungspolitik“ bezeichnet. Rund einhundert der nun angeklagten Akademiker leben dem Bericht zufolge in Deutschland.
Ihre Strafverfolgung könnte die deutsch-türkischen Beziehungen erneut belasten. Nach der Freilassung des in der Türkei inhaftierten Menschenrechtsaktivisten Peter Steudtner vor wenigen Tagen waren Hoffnungen laut geworden, dies könne der Anfang einer Entspannung sein. In der Türkei sind weiterhin mehrere Deutsche offenbar aus politischen Motiven inhaftiert, darunter der „Welt“-Korrespondent Deniz Yücel und die Journalistin und Übersetzerin Mesale Tolu.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Krieg in der Ukraine
Geschenk mit Eskalation
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin
Haftbefehl gegen Benjamin Netanjahu
Er wird nicht mehr kommen
Utøya-Attentäter vor Gericht
Breivik beantragt Entlassung