Nach Camerons Nein zu neuem EU-Vertrag: Konservative im Umfragehoch
Die britischen Konservativen stehen bei den Wählern besser da als die oppositionelle Labour-Partei. Premier Cameron bekommt trotzdem Ärger – vom Koalitionspartner und aus der EU.
LONDON dpa/rtr | Die britischen Konservativen befinden sich nach dem Nein von Premierminister David Cameron zu einem neuen EU-Vertrag in einem Umfragehoch. Die liberaldemokratischen Koalitionspartner und EU-Parlamentarier dagegen sind nicht so begeistert.
Zum ersten Mal in diesem Jahr überholte die Partei von Cameron einer am Mittwoch veröffentlichten Reuters/Ipsos-Umfrage zufolge die oppositionelle Labour-Partei. Die Unterstützung für die Konservativen stieg um sieben Prozentpunkte auf 41 Prozent. Die Mitte-Links-Partei Labour verlor hingegen in der Wählergunst zwei Prozentpunkte auf 39 Prozent.
Der Junior-Partner in der Regierungskoalition, die europafreundlichen Liberalen, kamen auf elf Prozent und damit einen Punkt weniger als bei der letzten Umfrage. Reuters/Ipsos befragten zwischen dem 10. und 12. Dezember 1000 Briten.
Bei der ersten Kabinettssitzung nach dem Brüsseler Gipfel forderte Vize-Premier Nick Clegg vom liberaldemokratischen Koalitionspartner am Dienstag Cameron auf, den Gesprächsfaden mit Brüssel wieder aufzunehmen, wie britische Medien berichteten.
Die europafreundlichen Liberaldemokraten, die zusammen mit Camerons konservativen Tories die Regierung bilden, hatten dem Premier vorgeworfen, das Land zu isolieren. Die Liberaldemokraten waren am Dienstag bemüht, nicht den Eindruck einer Krise entstehen zu lassen.
Barroso ist enttäuscht
Vize-Parteichef Chef Simon Hughes sagte, der Zusammenhalt sei trotz des Streits weiterhin stark. "Die Liberaldemokraten sind der Koalition im Interesse des Landes beigetreten", sagte Hughes dem Sender BBC. "Wir wollten eine Koalition stellen, die fünf Jahre lang sicher hält, und das wird sie auch."
Nachdem bereits am Montag massive Kritik aus dem In- und Ausland über Cameron hereingebrochen war, musste sich der Premierminister am Dienstag weitere Schelte aus dem Europaparlament und von der EU-Kommission gefallen lassen. Kommissionspräsident José Manuel Barroso bedauerte, dass ein Kompromiss nicht möglich geworden ist. "Glücklicherweise ist es nicht zu einem Riss zwischen den 17 Euro-Staaten und den anderen zehn gekommen", sagte er.
Der ständige EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy glaubt, Großbritannien werde irgendwann einlenken. "Eines Tages werden wir wieder 27 sein, so dass jeder einwilligen kann", sagte der Belgier.
Im Namen der Konservativen drohte deren Fraktionschef im EU-Parlament Joseph Daul mit einem Entzug des milliardenschweren Britenrabatts, der 1984 von Margret Thatcher als Ausgleich für übermäßige Nettozahlungen an den EU-Haushalt durchgesetzt worden war.
Warum solle man der britischen Regierung in Haushaltsfragen entgegenkommen, wenn die Briten die Solidarität gegenüber ihren Partnern ablehnen, fragte der Franzose. "Dies ist keine Kriegserklärung", aber Solidarität sei gegenseitig. Der Fraktionschef der Liberalen im EU-Parlament, Guy Verhofstadt, nannte Camerons Verhalten am vergangenen Freitag den "Fehler seines Lebens".
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!