Nach Attacke auf AfD-Frau von Storch: Polizei hat Tortenclown im Visier
Nach einem fingierten Anruf wurde der Tortenwurf-Aktivist des Berliner Peng Kollektivs selbst Gegenstand polizeilicher Ermittlungen.
Der Anrufer hatte sich der Polizei gegenüber wohl als Peters ausgegeben. Er behauptete, er habe seine Freundin ermordet und befinde sich auf der Flucht in seine Heimatstadt. Offenbar nannte der Anrufer auch einen konkreten Zug, in dem er sich gerade befinden sollte. Nach eigenen Angaben suchte die Polizei daraufhin mit vier Einsatzwagen bei ihm Zuhause und am Hauptbahnhof nach Peters.
Seine Mitbewohner hätten ihn am Dienstagabend gegen 18 Uhr angerufen, als die Polizei mit dem Verdacht auf Mord vor der Tür gestanden hätte, sagte Peters am Mittwoch. Er habe die Polizei schnell davon überzeugen können, dass er nicht der Anrufer gewesen sei. Die Polizei ermittelt nun wegen falscher Verdächtigung sowie wegen Missbrauch von Notrufen.
Das Berliner Peng Kollektiv hatte eine interne Sitzung der Bundesprogrammkommission der sogenannten Alternative für Deutschland (AfD) in Kassel gestürmt und der Europaparlamentarierin und AfD-Landesvorsitzenden in Berlin eine Torte ins Gesicht geworfen. Unter dem Hashtag #tortalerkrieg waren Bilder und Reaktionen auf die Torte in sozialen Netzwerken verbreitet worden.
Morddrohungen gegen Peters
Von Storch hatte ein Foto von Peters mit seinem Namen auf ihrer Facebookseite veröffentlicht. Peters hatte daraufhin Morddrohungen erhalten. Dass er so massiv angefeindet und bedroht werde, habe ihn überrascht, sagte Peters. Er habe das in dieser Qualität noch nicht erlebt und auch nicht erwartet.
Timo Reinfrank, Geschäftsführer der Amadeu Antonio Stiftung, sieht den fingierten Mordvorwurf als Masche und Zermürbungstaktik der Rechten. „Es ist schon häufiger vorgekommen, dass engagierte Gegner von Rechtsextremisten mit Straftaten bezichtigt werden“, sagte er. So wurden im vergangenen Sommer der Aktivist André Leipold vom Zentrum für politische Schönheit und wenige Wochen später der Kolumnisten Heinrich Schmitz des Mordes an ihren Partnerinnen bezichtigt – ebenfalls über anonyme Anrufe bei der Polizei.
Im Fall von Leipold hatte die Polizei bereits die Tür zu seiner Wohnung aufgebrochen. Bei Schmitz, der unter anderem für das Online-Magazin The European geschrieben hatte, hatte die Polizei sogar schon der Tochter erzählt, dass der Vater die Mutter getötet hätte. „Die Hetze richtet sich zunehmend auch gegen Vertreter des demokratischen Systems“, sagte Reinfrank, das habe inzwischen eine neue Qualität erreicht.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Haftbefehl gegen Netanjahu
Sollte die deutsche Polizei Netanjahu verhaften?
Buchpremiere von Angela Merkel
Nur nicht rumjammern
#womeninmalefields Social-Media-Trend
„Ne sorry babe mit Pille spür ich nix“
Landesparteitag
Grünen-Spitze will „Vermieterführerschein“
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
Rechtspopulistinnen in Europa
Rechts, weiblich, erfolgreich