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Nach Anzeige von Alice SchwarzerBetrugs-Ermittlungen gegen Frauenprojekt

Kriseneinrichtung "Hatun&Can", gegründet nach dem Mord an einer Deutsch-Kurdin, soll Gelder veruntreut haben. Frauenprojekte bezweifeln Seriösität des Projekts schon länger.

Hatun Sürücü - ein Name, der Beklemmung auslöst. Es ist genau fünf Jahre her, dass die Deutsch-Kurdin von ihrem Bruder ermordet wurde, weil sie ein selbstbestimmtes Leben führen wollte. Hatun Sürücü hinterließ einen kleinen Jungen - Can. "Hatun&Can" nennt sich ein Verein, der Spenden sammelt, um Frauen vor dem gleichen Schicksal zu bewahren. So steht es zumindest auf der Internet-Seite. "Hatun & Can" - bei dem Namen öffneten sich die Portomonnaies.

Mit dem Spendenfluss dürfte es nun vorbei sein. Wie erst jetzt bekannt wurde, hat die Staatsaanwaltschaft bereits im Dezember gegen Vereinsgründer Udo D. und zwei Vorstandsmitglieder ein Verfahren wegen Verdachts der Untreue und des Betruges eingeleitet. Es gab Hausdurchsuchungen, Konten und ein neuwertiger Geländewagen - angeblich für den Transport von Frauen in Not angeschafft - wurden beschlagnahmt. Die Hinweise auf Unregelmäßigkeiten hätten sich verdichtet, erfuhr die taz aus Sicherheitskreisen.

Ausgelöst wurden die Ermittlungen durch eine Anzeige der Emma-Herausgeberin Alice Schwarzer, der Frauenrechtlerin Necla Kelek und dem Sender RTL. Schwarzer hatte im September bei "Wer wird Millionär?" 500.000 Euro gewonnen und diese "Hatun&Can" gespendet. Da es sie interessierte, wofür die nicht unerhebliche Summe verwendet werden sollte, traf sie sich mit Vereinschef Udo D. Die Auskünfte des Mannes fielen indes so vage aus, dass Schwarzer misstrauisch wurde. "Unter dem Vorwand des Schutzes der bedrohten Frauen wurde die ganze angebliche Arbeit des Verein verschleiert", sagt Schwarzer. Alarmiert schaltete sie die Staatsanwaltschaft ein. "Wir hoffen, dass das Geld bald zurückfließt an RTL - von wo ich es den Richtigen zukommen lassen werde."

Die Richtigen - das könnte zum Beispiel die Türkisch-Deutsche Kriseneinrichtung Papataya sein. Deren Mitarbeiterinnen hatten Schwarzer im Herbst einen Brief geschrieben, als sie hörten, dass "Hatun&Can" mit einer halben Million Euro bedacht werden sollen. Der Tenor: "Wir hätten uns vorher eine gründlichere Recherche über "Hatun&Can" gewünscht." Papataya habe anfangs versucht, mit dem Verein zu kooperieren, sprich ihn bei der Beratung der Frauen zu unterstützen, sagte eine Papataya-Mitarbeiterin der taz. "Im Sommer 2009 brachen wir den Kontakt ab." Papataya wirft den Verein vor, die Frauen in fremden Städten in einer Wohnung völlig sich selbst zu überlasssen. Zudem setze der Verein üble Gerüchte über andere Krisenprojekte in die Welt. So sei gegenüber hilfesuchenden Frauen behaupetet worden, Papataya verrate Familienangehörigen, wo die hilfesuchenden Frauen versteckt würden.

Papataya existiert seit 25 Jahren. Bis zu 70 Frauen bringt es nach eigenen Angaben pro Jahr in Krisenwohnungen unter. Wieviele Frauen bei "Hatun&Can" Zuflucht gefunden haben, ist unklar. Auf der Homepage des Verein heißt es, seit Februar 2007 hätten sich mehr als 700 Frauen aus Angst vor einer Zwangsehe gemeldet. Papataya bezweifelt das. "Das ist ein ganz unseriöser, undurchsichtiger Verein." Eine Meinung, die von der Senatsverwaltung für Frauen geteilt wird. "Bei uns hat sich gegen "Hatun& Can" eine große Skepsis entwickelt", bestätigt Sprecher Stephan Schulz. Das beziehe sich nicht nur auf die Intransparenz von Geldmitteln.

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4 Kommentare

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  • MK
    Michael Klein

    Erst mal abwarten, was an den ANschuldigungen gegen den Verein "Hatun und Can" dran ist.

    Man sollte fairerweise ihm auch mal Gelegenheit geben, sich zu erklären, bevor man sich ein Urteil erlaubt.

     

    Alice Schwarzer und Necla Kelek sind zumindest mir sehr suspekt. Ob ihre Spende wirklich aus solidarischen und selbstlosen Motiven erfolgte, daran habe ich zumindest meine Zweifel!

  • AS
    Appollo Square

    @Apollo

     

    Ja und was ist Ihr Gegenvorschlag?

     

    Vielleicht Zwangsbekehrung zum Christentum oder ein generelles Religionsverbot?

  • VV
    Volker Vonssen

    Veruntreuung von Geldern ... sei es nun von Spenden oder Steuermitteln gibt es vermutlich nicht nur in dieser Einrichtung. Eine Freundin von mir war im Rahmen ihres Studiums Praktikantin bei einem Kreuzberger Fraukrisentelefon. Die Schilderung von ihr lassen nicht anderes als "Subventionsbetrug" schliessen. Die Freizeitaktivitäten der Festangestellten waren wichtiger als der eigentliche Vereinszweck, nämlich die Beratung von in Not gekommener Frauen.

  • A
    Apollo

    „Hatun Sürücü - ein Name, der Beklemmung auslöst.“

    Ja, so war das damals. Es war eine andere Epoche, obwohl es erst „genau fünf Jahre her“ ist. Es war die Zeit, als wir zum ersten mal mit diesem Aspekt der Kulturbereicherung Bekanntschaft schlossen. So ein Verbrechen war damals unvorstellbar für ein normales Gehirn und man glaubte, dass das ein Einzelfall wäre, der nichts mit dem Islam zu tun hat.

     

    Genau das hat sich in den Folgejahren bestätigt. Es sind die Jahre, in denen die Sprache so manipuliert wurde, dass Victor Klemperer sein wahre Freude hätte. Es sind die Jahre, in denen die Worte eine andere Bedeutung erhielten. Es sind die Jahre, in denen sich die *unaussprechlichen* angewöhnt haben, regelmäßig Einzeltaten zu begehen, die allesamt natürlich nichts mit dem Islam zu tun haben.

    „Hatun Sürücü“ – dieser Name löste Beklemmung aus. Und

    - Müjde B.

    - Morsal O.

    - Nesima R.

    was lösen diese Namen aus?

    Nichts, reinweg nichts.

    Und auch von der sonst hyperaktiven „Stoppt Gewalt gegen Frauen“-Fraktion hört man dazu nur ein dröhnendes Schweigen. Klar, ist ja auch einfacher „wissenschaftliche“ Arbeiten („Gewalt ist männlich“) am laufenden Band zu produzieren und ordentlich gegen „die Männer“ zu hetzen, als sich mit den wirklichen Verbrechen zu beschäftigen.

    Teilweise nachvollziehbar, denn wer sich mit den nichts mit dem Islam zu tun habenden Einzeltaten auseinandersetzt, der ist ja nach den neuesten Erkenntnisse des „Wissenschaftlers“ Benz ein Antisemit, mithin ein Nazi. Und auf der Leserbriefseite der taz wird er als PIler geschmäht. Offenbar hält das Publikum es neuerdings für eine nette Freizeitbeschäftigung, das Ermorden der Schwestern oder Töchter.

     

    Wer mehr Namen lesen will, die heutzutage keinerlei Beklemmung mehr auslösen, hier finden sich einige: www.ehrenmord.de