Nach Anschlagsversuch in US-Flugzeug: Revival der Nackt-Scanner
Der Verfassungsschutz sieht keine neue Bedrohung für Deutschland. Politiker wollen die Sicherheitsgesetze nicht ändern. Nackt-Scanner werden wieder diskutiert und die Polizei sucht einen Komplizen.
BERLIN/WASHINGTON dpa/apd/afp | Der baden-württembergische Verfassungsschutz sieht nach dem vereitelten Anschlag auf ein US-Passagierflugzeug keine neue Bedrohungslage in Deutschland. "Wir haben keine konkreten Hinweise, dass aktuell mit Anschlägen in Deutschland gerechnet werden müsste. Man muss aber nach wie vor von einer abstrakt hohen Gefährdungslage ausgehen", sagte am Montag der Leiter der Abteilung Internationaler Extremismus und Terrorismus im Stuttgarter Verfassungsschutzamt, Herbert Landolin Müller, der dpa.
Politiker der Koalition und Opposition in Berlin hatten sich nach dem Anschlagsversuch gegen eine Verschärfung der Anti-Terror-Gesetze in Deutschland gewandt. "Der Anschlagsversuch ist für uns kein Anlass, die Sicherheitsgesetze zu ändern", sagte der Vorsitzende des Bundestagsinnenausschusses, Wolfgang Bosbach (CDU), der Berliner Zeitung vom Montag.
Bosbach verwies darauf, dass in den vergangenen Jahren Sicherheitslücken geschlossen worden seien. Gegen menschliches Versagen würden auch keine schärferen Gesetze helfen, sagte der CDU-Politiker. Er befürchte aber, dass die von der EU geplanten Lockerungen etwa bei der Mitnahme von Flüssigkeiten nicht in Kraft treten.
Am Freitag hatte der Nigerianer Umar Faruk Abdulmutallab versucht, einen Airbus beim Landeanflug auf Detroit mit Hilfe des hochexplosiven Sprengstoffs PETN in die Luft zu sprengen. Dabei setzte er seine Kleidung in Brand und wurde anschließend von Passagieren überwältigt. Als Konsequenz aus dem Vorfall wurden die Sicherheitsmaßnahmen auf den Flughäfen der USA, in Deutschland und vielen anderen Staaten Europas verschärft.
Kontrovers diskutiert werden deshalb jetzt wieder die sogenannte Nackt-Scanner auf Flughäfen. Dabei handelt es sich um Geräte, mit denen bekleidete Fluggäste praktisch bis auf die Haut durchleuchtet werden können. Mithilfe elektromagnetischer Strahlen entsteht ein dreidimensionales Bild, auf dem der Mensch ohne Kleidung erscheint. Alle am Körper befestigten Gegenstände werden sichtbar - beispielsweise Waffen oder Plastiksprengstoffe - die mit herkömmlichen Sicherheitskontrollen schwer zu entdecken sind.
Die Geräte waren vor einem Jahr schon in den USA im Einsatz - Tests in Amsterdam, Zürich und London liefen. Die EU-Kommission wollte die Geräte generell für die Flugsicherheit zulassen. Wegen des Widerstands im Europaparlament wurde das Vorhaben aber Ende Oktober 2008 zurückgezogen. Man wolle eine Denkpause einlegen, hieß es in Brüssel.
Die Bundesregierung erklärte vor einem Jahr, trotzdem nicht auf die geplanten Tests der Nackt-Scanner verzichten zu wollen. Die Laborversuche in Deutschland sollten im Dezember 2008 beginnen. Dabei sollte herausgefunden werden, ob es technisch möglich ist, dass zwar am Körper mitgeführte Sprengstoffe und Keramikmesser auf der Darstellung zu erkennen sind, aber kein Nacktbild des Passagiers. Ob die Test wie geplant starteten und welche Erkenntnisse sie bislang brachten, blieb am Montag zunächst offen.
Die Ermittler in den USA überprüfen zudem jetzt, ob der mutmaßliche Täter im Flugzeug nach Detroit einen Komplizen hatte. Die niederländische Militärpolizei gehe Angaben von Mitreisenden nach, wonach der Nigerianer vor dem Abflug am Amsterdamer Flughafen mit einem anderen Mann gesehen wurde, sagte ein Sprecher am Montag. Es habe sich um einen großen, gut gekleideten etwa 50-Jährigen gehandelt. Er habe sich dafür eingesetzt, dass der Attentäter auch ohne Pass an Bord der Maschine der Northwest Airlines nach Detroit gelassen werde.
Die Militärpolizei hatte bereits erklärt, der Nigerianer sei nach seiner Ankunft aus dem nigerianischen Lagos nicht durch die Passkontrolle gegangen. Dennoch sei es unwahrscheinlich, dass er vor dem Einstieg in das Flugzeug in die USA nicht an einer anderen Stelle kontrolliert worden sei.
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