Nach Anschlag auf Moskauer Flughafen: Ein toter Deutscher
Die Moskauer Bombe hat 35 Menschen getötet, darunter sind ein Deutscher aus Köln und zwei Briten. Auf dem Airport soll es Verstöße gegen die Sicherheitsvorschriften gegeben haben.
MOSKAU dpa/dapd/afp | Unter den 35 Todesopfern des Terroranschlags auf dem Moskauer Flughafen Domodjedowo ist auch ein Deutscher. Der 1976 geborene Deutsche stammt aus Köln. Der 34-Jährige war Mitarbeiter für den Heiz- und Klimatechnikspezialisten Vaillant und als Fachmann für Logistik nach Russland geflogen, um dort ein Projekt einer russischen Tochterfirma von Viallant zu betreuen, wie ein Sprecher des Unternehmens mitteilte. Der 34-Jährige, war gerade erst in Moskau angekommen, als sich der Anschlag ereignete.
Das russische Zivilschutzministerium veröffentlichte die ersten Namen der Todesopfer auf seiner Internetseite. Demnach waren auch zwei Briten und ein Bulgare unter den bei dem Selbstmordattentat getöteten EU-Bürgern.
Nach inoffiziellen Angaben war der getötete Bundesbürger in Moskau bei einer deutschen Firma angestellt. Ein Sprecher des Auswärtigen Amtes sagte der dpa in Berlin: "Wir gehen Hinweisen nach, wonach ein deutscher Staatsangehöriger getötet und eine weitere Person mit deutscher Staatsangehörigkeit verletzt wurde." Die Behörde hatte kurz nach dem Selbstmordattentat zunächst mitgeteilt, dass keine Deutschen unter den Opfern seien.
Der Chauffeur des deutschen Unternehmensangestellten hatte den Mann demnach am Montag nach dem Anschlag leblos in der Ankunftshalle gesehen. Nach russischen Medienberichten ist unter den rund 180 Verletzten auch eine deutsche Frau, die im Krankenhaus behandelt wird. Zuvor hatte die Moskauer Boulevardzeitung Komsomolskaja Prawda auf ihrer Internetseite die Namen der ersten Todesopfer bekanntgegeben. Die Zeitung veröffentlichte eine Namensliste mit Geburtsjahr und Staatsangehörigkeit unter Berufung auf Ermittlerkreise.
Die Identifizierung der Leichen sei schwierig, weil viele Menschen von der Druckwelle der Bombe und durch umherfliegende Metallteile des Sprengsatzes zerrissen worden seien, sagten Ärzte in Moskau. Zahlreiche Verletzte schweben weiter in Lebensgefahr.
Kremlchef Dmitri Medwedew forderte in einem Zeitungsinterview die Bestrafung der Verantwortlichen auf dem Moskauer Flughafen. Es habe eklatante Verstöße gegen die Sicherheitsvorschriften gegeben, sagte Medwedew der Zeitung Wedomosti. Auch das Nationale Anti-Terror-Komitee hatte die Flughafenleitung kritisiert.
Russlands Ministerpräsident Wladimir Putin hat den Anschlag als "brutales und sinnloses Verbrechen" verurteilt und eine Bestrafung der Drahtzieher angekündigt. "Ich habe keinen Zweifel daran, dass das Verbrechen aufgeklärt wird und eine Bestrafung der Verantwortlichen unumgänglich ist", sagte Putin Berichten russischer Nachrichtenagenturen zufolge am Dienstag bei einer Kabinettssitzung.
Präsident Medwedew wollte auf einer Sitzung am Dienstag mit Vertretern des Inlandsgeheimdienstes FSB die Gefahrenlage im Land ausloten. Zuvor hatte er auf Bahnhöfen und Flughäfen sowie an weiteren Verkehrsknotenpunkten eine erhöhte Sicherheitsstufe angeordnet. Die Lage auf dem größten Airport der russischen Hauptstadt sei ruhig, berichteten unterdessen Moskauer Medien. Der Betrieb laufe wieder geregelt.
Die Behörden vermuten nach eigenen Angaben, dass Terroristen aus dem russischen Konfliktgebiet Nordkaukasus hinter dem Anschlag stecken. Medien zufolge hatte der FSB bereits seit einigen Tagen Hinweise auf einen bevorstehenden Terrorakt in Moskau.
In der Krisenregion, wo auch das frühere Kriegsgebiet Tschetschenien liegt, kämpfen Islamisten um Unabhängigkeit von Moskau. Sie hatten immer wieder gedroht, den Terror ins russische Kernland zu tragen. Zuletzt kamen bei einem Doppelanschlag auf die Moskauer Metro Ende März vorigen Jahres 40 Menschen ums Leben.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Debatte um SPD-Kanzlerkandidatur
Schwielowsee an der Copacabana
Urteil nach Tötung eines Geflüchteten
Gericht findet mal wieder keine Beweise für Rassismus
Hype um Boris Pistorius
Fragwürdige Beliebtheit
Wirtschaftsminister bei Klimakonferenz
Habeck, naiv in Baku
Papst äußert sich zu Gaza
Scharfe Worte aus Rom
BSW und „Freie Sachsen“
Görlitzer Querfront gemeinsam für Putin